Berlin – Erleichterung für Millionen deutsche Bahnreisende: Der mittlerweile neunte Lokführerstreik bei der Deutschen Bahn geht noch am Donnerstag zu Ende. Die Gewerkschaft GDL und die Bahn verständigten sich auf ein Schlichtungsverfahren in dem seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt, teilten beide Seiten in der Früh mit.

Nach GDL-Angaben vereinbarten die beiden Tarifparteien neben dem Schlichtungsverfahren auch die tariflichen Grundlagen für einen Flächentarifvertrag für das Zugpersonal. Zuvor habe die Deutsche Bahn akzeptiert, "dass die Tarifverträge anderer Gewerkschaften für die Annahme eines Schlichtungsspruches oder den Abschluss eines Tarifvertrages keine Rolle spielen", erklärte die GDL. Dieser Sachverhalt werde daher nicht mehr Bestandteil des eigentlichen Schlichtungsverfahrens sein. Die Deutsche Bahn äußerte sich zu diesem Punkt zunächst nicht.

Die notwendigen Maßnahmen für die Kunden sind laut Bahn bereits um 7 Uhr angelaufen, nach Darstellung der GDL ist der Streik aber offiziell erst um 19 Uhr vollständig beendet. Die Bahn arbeitete nach eigenen Angaben daran, zum normalen Fahrplan zurückzukehren. Bis zum Mittag wollte sie mitteilen, wann der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden kann.

Start der Schlichtung am Mittwoch

Die Schlichtung soll am kommenden Mittwoch beginnen und ist auf drei Wochen angesetzt. Bis Mitte Juni sind die Streiks damit ausgesetzt, denn während des Verfahrens herrscht Friedenspflicht.

Zwei externe Schlichter sollen den seit Mitte 2014 tobenden Tarifstreit nun beenden helfen: der brandenburgische Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) für die Deutsche Bahn und der thüringische Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) für die GDL.

Weselsky: Gordischer Knoten durchschlagen

"Wir sind sehr erleichtert, unsere Kunden und Mitarbeiter können aufatmen", sagte Deutsche-Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. "Schlichten statt streiken ist das Gebot der Stunde." Ziel müsse es nun sein, wieder Ruhe in die Bahnbetriebe zu bringen.

GDL-Chef Claus Weselsky erklärte: "Nach fast einem Jahr Tarifkonflikt konnte mit dem Druck im neunten Arbeitskampf der gordische Knoten durchschlagen werden. Wir gehen davon aus, dass damit eine positive Grundlage für die Verhandlungen in der Schlichtung geschaffen ist."

Ringen bis in die Morgenstunden

Das Ringen zwischen den Tarifparteien hatte laut GDL bis in die Morgenstunden gedauert. Die Gewerkschaft hatte den jüngsten Streik am Dienstag im Güterverkehr begonnen, seit Mittwoch wurde auch im Personenverkehr gestreikt. Die Arbeitsniederlegungen waren ohne Endzeitpunkt angekündigt worden, nach früheren Äußerungen Weselskys sollten sie allerdings noch länger dauern als der vorangegangene rund sechstägige Streik Anfang Mai. Am Pfingstwochenende drohten damit massive Behinderungen.

Am Dienstag hatten Vorgespräche zwischen Bahn und GDL begonnen, die der frühere Bundesarbeitsrichter Klaus Bepler moderiert hatte. Am Donnerstag hat der bundeseigene Konzern auch seine Tarifverhandlungen mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG fortgesetzt, die mit der GDL konkurriert. Der Konzern und die EVG konnten sich bis zum Donnerstagabend jedoch noch nicht auf einen Abschluss verständigen. Weitgehende Einigkeit bestand dem Vernehmen nach bei der Struktur des künftigen Tarifwerks. Seit dem Abend verhandeln Arbeitgeber und Gewerkschaft nun über Entgelt und Vertragslaufzeiten.

"Die GDL kann für all ihre Mitglieder des Zugpersonals in den DB-Eisenbahnverkehrsunternehmen die Tarifverträge verhandeln und abschließen", erklärte die Gewerkschaft. Dies war die zentrale Vorbedingung Weselskys für eine Schlichtung: Die GDL müsse nicht nur für Lokführer, sondern auch für andere Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen verhandeln dürfen. So ist ihr zufolge auch der Streit um die Lokrangierführer beigelegt, diese würden jetzt "als Lokomotivführer eingruppiert". Die eigentlichen Tarifverhandlungen etwa zu Arbeitszeit, Lohn und Überstunden-Abbau könnten nun beginnen. (APA, 21.5.2015)