Bei Typ-2-Diabetes wird derzeit ein neues endoskopisches Verfahren erprobt. Internisten verschorfen mit einem aufblasbaren Ballon die Schleimhaut im Zwölffingerdarm. Das soll den Blutzuckerspiegel deutlich senken.

"Dem neuen endoskopischen Verfahren geht die Beobachtung voraus, dass fettleibige Menschen mit Typ-2-Diabetes, die durch eine Bypass-Operation abnehmen wollen, nicht nur ihr Körpergewicht, sondern auch ihren Diabetes verlieren", sagte Horst Neuhaus, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf.

Bei einer Bypass-Operation verbindet der Chirurg den Magen direkt mit dem oberen Dünndarm. Der Speisebrei fließt dann am Zwölffingerdarm vorbei, der in einer Schlinge blind endet. "Bei den meisten Patienten normalisiert sich der Blutzucker, noch bevor sie wesentlich an Gewicht verlieren", sagt der Experte.

Die Rolle der Inkretine

Die genauen Zusammenhänge dieser Mechanismen sind noch nicht bekannt. "Hormone, die beim Durchtritt des Speisebreis in der Schleimhaut des Zwölffingerdarms gebildet werden, spielen aber offenbar eine wichtige Rolle", sagte Neuhaus. "Diese sogenannten Inkretine regen in der Bauchspeicheldrüse die Ausschüttung von Insulin an, was längerfristig zu einem Wirkungsverlust von Insulin führt." Diese Insulinresistenz ist die Ursache des Typ 2-Diabetes.

Um die übermäßige Freisetzung stoffwechselaktiver Hormone aus der Schleimhaut des Zwölffingerdarmes zu verhindern, könnten Ärzte in Zukunft auf einen nicht-operativen Eingriff setzen. Dafür hat ein US-Unternehmen einen speziellen Ballon entwickelt. "Dieser Ballon wird mit einem Endoskop, wie es auch zur Magenspiegelung verwendet wird, durch den Zwölffingerdarm geschoben", erläuterte Neuhaus. "Durch eine kurzzeitige Erhitzung wird dabei die Schleimhaut verschorft, während tiefer liegende Schichten der Darmwand verschont bleiben."

Das Verfahren, das die Erfinder als "Erneuerung der Schleimhaut im Zwölffingerdarm" bezeichnen, ist bereits in einer ersten Pilotstudie an einer Klinik in Chile an 30 Patienten erprobt worden.

Die Ergebnisse waren laut Neuhaus vielversprechend. "Der Blutzucker-Langzeitwert HbA1c sank von 9,2 Prozent auf 7,1 Prozent, was die Wirkung der meisten Blutzucker senkenden Medikamente übertrifft", sagte der Internist. Die Wirkung scheint längerfristig anzuhalten. In der Diabetesbehandlung wird ein HbA1c-Wert von 6,5 bis 7 angestrebt.

Kein Anlass für Euphorie

Das neue Verfahren wird derzeit an mehreren klinischen Zentren in Europa geprüft. Neben dem Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf beteiligen sich zwei weitere deutsche Kliniken an der Studie. Der Ausgang der Studie lasse sich zwar noch nicht vorhersagen, so Neuhaus.

Darauf wird man wohl noch warten müssen. Bei weitem nicht alle zunächst mit großen Erwartungen besetzten derartigen Verfahren stellen dann wirklich eine echte Innovation dar.

Wieder recht ruhig geworden ist es in der jüngeren Vergangenheit zum Beispiel rund um die Verödung von Nerven um die Nierenarterien zur Behandlung von sonst nicht ausreichend therapierbarem Bluthochdruck. Dieses Verfahren wurde vor einigen Jahren sehr angepriesen. (APA, 22.5.2015)