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Die Iren sagten mehrheitlich Ja zur Ehe für alle.

Foto: REUTERS/Darren Staples

Dublin - Die Iren haben in einem Referendum mit großer Mehrheit für die Zulassung gleichgeschlechtlicher Ehen gestimmt. Nach offiziellen Ergebnissen vom Samstagnachmittag haben sich mehr als 62,1 Prozent für die Einführung der Ehe für alle ausgesprochen. Rund 37,9 Prozent stimmten dagegen.

Verschiebung gesellschaftlicher Werte

Das Votum markiert eine dramatische Verschiebung der gesellschaftlichen Werte in der traditionell katholisch-konservativen Gesellschaft. Irland ist der erste Staat, der die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern per Volksabstimmung einführt. Die traditionell einflussreiche katholische Kirche hat durch zahlreiche Skandale um sexuellen Missbrauch durch Priester stark an Ansehen und Autorität auf der Insel verloren. Wie sehr sich das gesellschaftliche Klima in wenigen Jahren gewandelt hat, zeigt auch die Tatsache, dass Homosexualität unter Männern erst in den 90er Jahren entkriminalisiert wurde.

"Das Thema hat einen Nerv in Irland getroffen", sagte Gleichstellungsminister Aodhan O'Riordhain. Die Wahlbeteiligung sei beispiellos. Gesundheitsminister Leo Varadkar sprach von einer "sozialen Revolution". Einer der Veteranen der Schwulenbewegung in Irland, David Norris, sagte: "Das irische Volk hält dem Rest der Welt ein großes Plakat mit der Aufschrift entgegen: Das ist der Weg nach vorn."

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Die Befürworter des Referendums dürfen sich freuen.
Foto: REUTERS/CATHAL MCNAUGHTON

Der staatliche Rundfunk meldete aber bereits vor der Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse einen deutlichen Sieg der Befürworter der Gleichberechtigung von Homosexuellen auch in der Frage der Eheschließung. Dem Sender RTE zufolge stimmten in einigen Bezirken der Hauptstadt Dublin bis zu 80 Prozent dafür. In ländlichen Gebieten war der Ausgang deutlich knapper. Vertreter des Nein-Lagers aus dem Umfeld der katholischen Kirche räumten ihre Niederlage ein.

Das Recht auf Eheschließung auch unter Schwulen und Lesben war von allen im Parlament vertretenen Parteien unterstützt worden. Vor dem Referendum hatten auch Prominente und große Firmen für die Einführung der Homo-Ehe geworben. Die katholische Kirche predigt in Irland immer noch, dass Homosexualität eine Sünde sei. Sie hatte ihre Ablehnung aber meist nur in Predigten deutlich gemacht und auf öffentliche Auftritte weitgehend verzichtet.

Ruf nach völliger Gleichstellung auch in Österreich

Im Fahrwasser der irischen Befragung sprechen sich Grüne und Neos dafür aus, in Österreich den gleichen Schritt zu setzen. "Hoffentlich morgen!", schrieb Neos-Parteichef Matthias Strolz am Samstag auf Twitter. Grünen-Politikerin Ulrike Lunacek teilte mit: "Nun ist es höchst an der Zeit, dass andere Länder - und allen voran Österreich - nachziehen!". In Österreich gibt es seit Jänner 2010 die eingetragene Partnerschaft für Schwule und Lesben, aber keine Gleichstellung mit Heterosexuellen im Eherecht.

Auch Vorstoß in Italien

Italiens Premier Matteo Renzi will sich jetzt mit dem heiklen Thema befassen, das ihm Schwierigkeiten mit dem katholischen Lager bringen könnte, berichteten italienische Medien am Sonntag.

In der Justizkommission des Senats liegt ein von Renzis Demokratischer Partei (PD) vorgelegter Gesetzentwurf vor, der homosexuellen Paaren, die eine rechtlich anerkannte Lebenspartnerschaft eingehen, die Rechte und Pflichten eines heterosexuellen Ehepaares einräumt. Renzi versprach, das Gesetz noch im Sommer zu verabschieden. Gegen diesen Text stemmt sich die konservative Regierungspartei NCD. Teile von Renzis PD behaupten dagegen, der Gesetzentwurf sei zu schwach, Italien müsse auch Homo-Ehen zulassen.

Laut dem Gesetzentwurf sollen homosexuellen Lebensgemeinschaften dieselben Rechte wie Verheirateten garantiert werden. Renzi nimmt sich dabei an der in Großbritannien seit 2005 möglichen zivilen Partnerschaft ("civil partnership") ein Beispiel, die der heterosexuellen Zivilehe praktisch gleichgestellt ist. In Sachen Steuerrecht, Erbrecht, Adoptions-, Unterhalts- und Zeugnisverweigerungsrecht gelten für Verpartnerte die gleichen Rechte und Pflichten wie für heterosexuelle Ehepartner. Homosexuelle Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, sollen in Italien automatisch als Lebenspartnerschaften registriert werden.

Umstritten ist beim Gesetzentwurf der Passus, wonach ein Lebenspartner das Kind des Lebensgefährten adoptieren kann. Homosexuellen-Paare dürfen jedoch keine Kinder adoptieren, die nicht mit einem der beiden Partner verwandt sind. Die "Stepchild Adoption" gilt bereits in einigen EU-Ländern. Heterosexuelle wie homosexuelle Paare, die keine Lebenspartnerschaft eingehen wollen, haben aber das Recht, den Partner im Krankenhaus zu betreuen oder dessen Mietvertrag zu übernehmen. (Reuters, APA, red, 23.5.2015)