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Reich beschenkt: Luxuskarosse für Religionsamtschef Görmez.

Foto: Reuters / Umit Bektas

Ankara/Athen - Seit Hilmar Kopper, dem früheren Vorstandssprecher der Deutschen Bank, weiß die Finanzwelt, dass man ein Wort in der Öffentlichkeit besser nicht mehr in den Mund nehmen sollte: Peanuts. Der türkische Finanzminister hat es trotzdem getan, noch dazu in der heißen Phase des Wahlkampfs, und dafür die erwartbare Empörung geerntet. Nicht einmal Peanuts seien die 3,3 Milliarden Lira, die der türkische Staat für seinen stattlichen Wagenpark aufwendet, hatte Mehmet Simsek Zuhörern in der anatolischen Provinz erklärt. Das hat in der seit Tagen wogenden Debatte über eine Luxuslimousine für den Chef der türkischen Religionsbehörde gerade noch gefehlt.

Bei Hilmar Kopper ging es in den 1990er-Jahren noch um 50 Millionen D-Mark an offenen Handwerkerrechnungen, für die die Deutsche Bank nach der Pleite eines Immobilien-Unternehmers geradestehen musste. "Nur Peanuts", sagte Kopper überheblich, angesichts Gesamtforderungen, die hundertmal größer waren.

1/160 des Haushalts

Simsek verglich die umgerechnet rund eine Milliarde Euro "Erdnussgeld" für die Automobile von Ministern, Generälen oder Uni-Direktoren im vergangenen Jahr mit dem Haushalt des türkischen Staats; der lag 2014 - offiziell zumindest - bei rund 160 Milliarden Euro. Doch der Finanzminister der konservativ-islamischen Regierung übersah, dass er vom Geld der Steuerzahler sprach; und dass die türkische Öffentlichkeit nach dem Bau des Palastkomplexes für Staatschef Tayyip Erdogan in Ankara beim Thema Verschwendung sensibler geworden ist. "Wenn ihr kein Geld habt, dann gebt ihnen auch nicht eure Stimme", hämmerte Kemal Kiliçdaroglu, der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten, nun seinen Zuhörern in einer Wahlkampfrede ein.

Denn auch wenn sich die Wirtschaftsleistung der Türkei pro Kopf im vergangenen Jahrzehnt rein rechnerisch mehr als verdoppelt hat, so sind drei Milliarden Lira für den Großteil der Türken doch eine ziemliche Menge Geld: Der Mindestlohn im Land liegt derzeit bei 949 Lira oder 316 Euro.

Mehmet Görmez, der Chef der Religionsbehörde, hatte Anfang des Monats erklärt, seine umstrittene Limousine zurückzugeben, um "ein Beispiel zu setzen". Das tat Staatspräsident Erdogan dann auch: Er kündigte an, Görmez erst recht eine noch viel teurere gepanzerte Limousine zu schenken - mit Geld aus dem Staatssäckel.(Markus Bernath, DER STANDARD, 26.5.2015)