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Schreckgespenst Android-Updates? Manche Hersteller scheinen das so zu sehen.

Ein Blick auf die offiziellen Zahlen von Google zeichnet ein deprimierendes Bild: Neue Android-Versionen verbreiten sich weiterhin im Schneckentempo. Die meistgenutzte Ausgabe des Betriebssystems ist aktuell Android 4.4 "KitKat", das im Oktober 2013 vorgestellt wurde. Und noch problematischer: Das vor rund drei Jahren präsentierte Android 4.1 findet sich weiterhin auf wesentlich mehr Geräten als die aktuelle Lollipop-Release.

Vergebliche Versuche

Seit Jahren versucht Google die Situation in den Griff zu bekommen. So werden mittlerweile Teile des Source Codes vorab mit den Hardwarepartnern geteilt. Auch arbeitet Google daran Android zunehmend modularer zu machen. Alles durchaus begrüßenswerte Schritte, an der Gesamtsituation haben sie aber wenig geändert. Der dominierende Teil der Android-Welt läuft auf grob veralteten Versionen des Betriebssystems. Da gibt es nichts zu beschönigen.

Eine Frage der Sicherheit

Dabei geht es gar nicht so sehr um neue Funktionen - auch wenn mangelhafte Updates bei den Nutzern nicht gerade ein positives Bild von Android hinterlassen. Wirklich problematisch ist die Situation vor allem aus zwei Blickpunkten: Der Sicherheit und der App-Entwicklung. Dessen ist sich Google natürlich bewusst und versucht die Auswirkungen des Versionswirrwarrs zu minimieren. In Sicherheitsfragen heißt dies etwa, dass man immer mehr Bestandteile des Betriebssystems isoliert hat, um sie separat über den Play Store aktualisieren zu können. Zuletzt war dabei das Webview an der Reihe, das Entwickler zur Einbettung von Web-Inhalten in eigene Apps nutzen können. Gleichzeitig wurden manche Kernkomponenten mittlerweile in die Google Play Services ausgelagert. Seit einigen Monaten gibt es dort beispielsweise einen eigenen SSL Provider, um unabhängig von den Geräteherstellern auf entsprechende Sicherheitslücken reagieren zu können.

Schattenseiten

Beide Ansätze haben aber durchaus ihre Schattenseiten: So gibt es das neue Chrome Webview nur für Geräte ab Android 5.0, der Großteil der Nutzer wird also erst in den kommenden Jahren davon profitieren. Nicht geschlossene Sicherheitslücken in älteren Webview-Versionen werden also noch auf Jahre hinaus ein Problem bleiben. Und zwar eines, das nur darauf wartet, bis die erste große erfolgreiche Angriffswelle kommt. Und die Auslagerung in die Play Services ist alleine schon deswegen problematisch, weil diese im Gegensatz zum Android-Kern proprietäre Software sind. Und damit wird auch die Abhängigkeit von den Google-Services für die gesamte Android-Welt weiter erhöht.

Entwicklung

In Hinblick auf die Entwicklungsplattform tut Google ebenfalls vieles, um das Problem mit der Fragmentierung zu minimieren. Es gibt zahlreiche Kompatibilitätsbibliotheken, die neue Funktionen auch auf älteren Systemen verfügbar machen. All dies muss aber unausweichlich Stückwerk bleiben und kann kein vollständiger Ersatz für Betriebssystemupdates sein.

Kernsystem powered by Google

Die Lösung kann also nur heißen: Google muss einen Weg finden, um die Kontrolle über die Update-Auslieferung in der Android-Welt zu erlangen. Ein solcher Schritt müsste dabei nicht einmal zwangsläufig das Aus für herstellerspezifische Anpassungen bedeuten. Google könnte ein Kernsystem definieren, auf dessen Basis die Hersteller über fix spezifizierte Schnittstellen ihre Änderungen vornehmen können. Eine Theme Engine - deren Anfänge übrigen schon im Android Source Code zu sehen sind - könnte ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein. Eine weitere Modularisierung der Komponenten - etwa die Möglichkeit den Benachrichtigungsbereich auszutauschen oder die Einstellungen zu erweitern - ebenso. Darüberhinaus müsste Google aber natürlich auch die Zusammenarbeit mit den Herstellern verbessern, damit diese zeitgerecht die Unterstützung für neue Hardwarekomponenten in das offizielle Android bekommen. In einem solchen Modell würden dann die Gerätehersteller alle ihr Android-Anpassungen über den Play Store auf dem Laufenden halten. Apropos: Angemerkt sei an dieser Stelle, dass es natürlich nur um Geräte geht, die mit all den Google Services ausgeliefert werden sollen. Wer darauf verzichtet könnte mit dem Source Code noch immer so tief in das System eingreifen, wie er möchte

Vergleiche

An den technischen Details gäbe es für einen solchen Schritt sicher noch viel zu feilen, im Interesse der Konsumenten wäre er aber unerlässlich. Ob die Hersteller damit glücklich wären, ist eine andere Frage, aber auch sich hier durchzusetzen wäre Googles Aufgabe. Dass es anders geht, zeigt ohnehin Google selbst: Mit Chrome OS betreibt man ein Betriebssystem, das in Update-Fragen gerade zu vorbildlich agiert. Sicher - hier lässt man keinerlei Modifikationen zu. Trotzdem ist es beeindruckend, dass neue Versionen umgehend an dutzende unterstützte Geräte ausgeliefert werden - etwas von dem selbst Googles eigene Nexus-Welt nur träumen kann.

Aus Fehlern gelernt

Erste Bewegung in eine solche Richtung gibt es ohnehin schon: Bei Android Wear, Auto und TV hat Google bereits die Kontrolle über das Kernsystem übernommen. Hier sind die Einschränkungen auch deutlich stärker, als sie bei Smartphones oder Tablets derzeit realistisch durchsetzbar wären. Alles was den Herstellern bleibt ist die Anpassung über eigene Apps. Um die Update-Auslieferung kümmert sich hingegen zentral Google selbst.

Mobilfunker raus aus dem Update-Prozess

Und noch ein wichtiger Punkt: Oft werden Update-Verzögerung durch das Wechselspiel mit den Mobilfunkanbietern erzeugt. Immer wieder ist dabei zu hören, dass entsprechende Tests für den fehlerfreien Betrieb der Geräte geradezu essentiell seien. Das ist - mit Verlaub - Unsinn. Mobilfunkstandards sind aus guten Gründen Standards, wenn ein Gerät sich an diese hält und trotzdem Probleme hat, macht der Provider etwas falsch. Zudem beweist Apple seit Jahren, dass es auch ohne den Einfluss der Mobilfunkanbieter geht. Und Microsoft will diesem Beispiel ab Windows 10 folgen. Google, Samsung und Co., haben also die Chance dieses unrühmliche Kapitel endgültig zu beenden.

Updates einfacher machen

Doch selbst wenn Google einmal die Kontrolle über die Updates hat, gibt es noch einiges zu tun. Die Auslieferung neuer Versionen in Wellen ist zwar fraglos eine gute Idee, um schwerwiegende Probleme aufzuspüren, bevor sie die breite Masse erreichen. Warum es hier aber keine Option gibt, auf eigene Gefahr Updates immer umgehend zu erhalten, ist unerklärlich. Damit macht man es gerade den an Android am stärksten interessierten Nutzern - und damit auch jenen, die das qualifizierteste Feedback liefern können - unnötig schwer an neue Versionen zu kommen. Und wenn wir schon dabei sind: Das Einspielen von Factory Images könnte Google über grafische Tools - etwa als App für den Chrome Browser - ebenfalls deutlich vereinfachen.

Offenheit tut nicht weh

Was es von Google bei all dem Gesagten aber vor allem bräuchte: Bessere Kommunikation. Natürlich kann ein gewinnorientiertes Unternehmen nicht einfach alles schon vorab ausplaudern. Aber weder sollten vernünftige Changelogs für Apps und Systemupdates eine Unmöglichkeit darstellen, noch eine simple Information an die Nutzer, warum sich eine neue Softwareversion - wie etwa zuletzt beim Nexus 9 - monatelang verzögert. (Andreas Proschofsky, 26.5.2015)