cover: Matador

Normalerweise wird Soul ja heutzutage als mehr oder weniger interessanter, nach basslastiger Häckselmaschine, Strophe-Refrain-Zerstückler und Autotune-Schredderer mit jeder Menge vokalistischem Gleitmittel klingender R’n’B gedeutet. Das soll alles sein. Dann ist Beyoncé halt eine Sängerin, die sehr viel Gefühl in ihre Lieder legt. Ab einem gewissen Alter gilt allerdings das, was ein Arzt einmal über die Behandlung eines Schienbeinbruchs gesagt hat: "Hinaufschmieren kannst du schon etwas, helfen tut es nichts."

Lee Tesche

Das amerikanische Trio Algiers beschäftigt sich auf seinem gleichnamigen Debütalbum lieber mit jener Form von Soul, die sehr tief in der Tradition des US-Südens steht und zwischen dem Call und Response klassischer Worksongs, der Beseeltheit des Gospels und wütendem Protest keine qualitative Unterscheidung treffen mag. Dazu wird bei meist dringlichem Tempo sowohl der Black Crow King eines Nick Cave wie auch der Lizard King eines Jim Morrison beschworen.

Von der instrumentalen Besetzung her kann die Alternative-Rock- und Indie-Cindy-Fraktion mit zünftig schneidbrennenden und kreischenden wie in ruhigen Momenten nur quengeligen Gitarren ebenso befriedigt werden, wie der grundsätzliche Ansatz ein elektronischer ist. Wenn man den Sänger der Fine Young Cannibals einst statt Nick Cave bei der Birthday Party besetzt und Martin Gore von Depeche Mode das Ganze produziert hätte ... Weißt du, was ich meine?! (schach, Rondo, 29.5.2015)