Bild nicht mehr verfügbar.

Portrait von Wladimir Putin im Rahmen der Ausstellung "Country of the victory. The victory of the country" in St. Petersburg. In Online-Foren soll eine Firma im Auftrag der russischen Regierung Loblieder auf den Präsidenten singen.

Foto: AP Photo/Dmitry Lovetsky

Wie geht es zu in einer Propaganda-Werkstatt? Auf diese Frage könnte ein in der nächsten Woche beginnender Prozess Antworten liefern: Ljudmila Sawtschuk, Ex-Mitarbeiterin einer Petersburger Firma, die im Kreml-Auftrag Zeitungsforen mit Kommentaren zubombt, hat gegen ihren Ex-Arbeitgeber Anzeige erstattet. Vordergründig geht es ums Arbeitsrecht. Die 34-Jährige klagt, ohne Vertrag beschäftigt und ohne Endabrechnung gefeuert worden zu sein.

Sawtschuks Anwältin Darja Suchich will beim Prozess aber auch "die geheime Organisation an die Öffentlichkeit zerren". So sollen während der Verhandlung die Satzungs- und Buchführungspapiere der Firma eingesehen werden können, um das Ausmaß der "Troll-Fabrik" zu dokumentieren.

"Putin ist Klasse"

Die Firma beschäftigt hunderte Angestellte, deren Job laut Sawtschuk darin besteht, unter verschiedenen Accounts täglich hunderte Kommentare in Onlineforen und auf Nachrichtenseiten zu hinterlassen. Hauptthema ist der Konflikt in der Ukraine. Ihre Hauptthesen, die sie zu verbreiten hatte, seien "Putin ist Klasse", "Ukrainer sind Faschisten" und "Europa steht vor dem Untergang", erzählte Sawtschuk im Interview.

Das Gehalt sei für Petersburger Verhältnisse verlockend, doch sei der Druck, der auf die Vorkämpfer im Informationskrieg ausgeübt werde, gewaltig gewesen. Sawtschuk stieg aus. Nun will sie die Verstrickungen ihrer Ex-Firma publik machen. "Die Troll-Fabrik funktioniert über sehr merkwürdige Schemen, aber alle diese Firmen sind miteinander verbunden", erklärt sie das verzweigte Netzwerk der Propagandamaschine. (André Ballin aus Moskau, 30.5.2015)