Kinder, wie die Zeit vergeht! Das möchte ich manchmal rufen und bin mir schon noch darüber im Klaren, wie altbacken das klingen muss. Vor allem in den Ohren der Kinder, die sich das anhören müssten. Aber wenn es doch wahr ist: Die Kinder sind jetzt schon so groß, wie man selbst gerade noch war, und sie erinnern einen ständig – genau: an früher.
Ohne Ampelmännchen
Wie sind wir früher eigentlich ohne gleichgeschlechtliche Ampelmännchen über die Straßen gekommen? Ich erinnere mich dunkel an den Schulkollegen, der all die Jahre viel lieber mit uns Mädchen auf dem Schulklo vor dem Spiegel stand und uns beim Schminken zusah, als mit seinen Geschlechtsgenossen (ein furchtbares Wort) im Schulhof einem Ball nachzujagen. Und vage erinnere ich mich an meinen allerersten Transgender-Menschen draußen in der oberösterreichischen Provinz, der zuerst Franz und dann anders hieß und irgendwann viel zu früh und viel zu schnell auf einer Bundesstraße in den Tod raste. Das alles gab es damals schon, aber eben nicht so selbstverständlich wie heute. Möchte man meinen.
Meine erste Verpartnerung
Denn auf der ersten gleichgeschlechtlichen Verpartnerung, zu der ich, mit knapp über 40, eingeladen war, war mein Kind gerade einmal elf. Es weiß, wie Kinder in Regenbogenfamilien entstehen können, hatte schon in der vierten Klasse Volksschule eine Art Gender-Unterricht und hat das, was ich einen vollkommen selbstverständlichen, unaufgeregten und entspannten Zugang zum breiten Themenfeld nenne. Das macht mich froh.
Conchita hin und ESC her
Denn Conchita hin und Eurovision Song Contest her: Es gibt in meiner Generation noch immer eine Menge an Menschen, die sich in ihren ach so toleranten beruflichen Umfeldern trotzdem nicht outen. Müssen sie auch nicht, aber schöner wäre es, wenn sie es nicht aus den falschen Gründen nicht machen. Und wenn Gery Keszler sein HIV-positiv-Bekenntnis jetzt einsetzt, um nach 23 Jahren und Life-Bällen wieder auf das eigentliche Thema seines Mega-Events hinzuweisen, nämlich den Kampf gegen Aids und die soziale Ausgrenzung von Erkrankten, ist das verdienstvoll, aber auch traurig. Warum hat er damit so lange gewartet? Vielleicht liegt zwischen damals auf dem Schulklo und heute immer noch zu wenig Zeit, die vergangen ist, damit auch die gleichgeschlechtlichen Ampelmännchen ganz selbstverständlich geworden sind. Kinder, manchmal vergeht die Zeit auch zu langsam! (Mia Eidlhuber, 31.5.2015)