Die Fifa, ein korrupter Sauhaufen. Mit dieser Feststellung sollte man vorsichtig sein. Sie ist vorverurteilend und verallgemeinernd. Es ist noch immer davon auszugehen, dass sich die meisten der mehr als 200 Funktionäre des Fußballweltverbandes strafrechtlich nichts zuschulden kommen ließen. Auch für jene sieben, die vor dem Fifa-Kongress in Zürich festgenommen wurden, gilt die Unschuldsvermutung. Zwar begehrt die US-Justiz deren Auslieferung, doch sind sie noch nicht überstellt und erst recht nicht überführt.

Fifa-Präsident Joseph Blatter hat, jedenfalls erwiesenermaßen, nur eine Schuld auf sich geladen: Er ist unfähig, den Laden ordentlich zu führen. Nebstbei ist bemerkenswert, mit welcher Nonchalance er sich nach zig Skandalen in seinem engsten Umfeld noch als Saubermann und die Welt für dumm verkauft. Doch nicht ihr Chef, sondern ihre Struktur ist das Problem der Fifa. Zugegeben: Blatter mag wenig Interesse daran haben, sie zu ändern. Der Weltverband läuft in der Schweiz, wo er seinen Sitz hat, nicht als Unternehmen, sondern als Verein. Als solcher zahlt er erstens wenig Steuern, zweitens ist er in seinem Gebaren nicht nur autark, sondern weitgehend sakrosankt.

Gegenseitige Treue

Die Oberen, allen voran Blatter, können Gelder praktisch nach Gutdünken vergeben. Die Unteren kommen als Bittsteller daher, werden gefördert, werden belohnt - und sei es für durchaus hehre Projekte wie jene Fußballakademie in Kenia, für deren Unterstützung der ÖFB-Präsident Leo Windtner bei Blatter vorstellig wurde, der 100.000 Dollar an Fifa-Geldern lockermachte. Dieses System der Begehrlichkeiten und Abhängigkeiten erinnert stark ans mittelalterliche Lehenswesen. Lehnsherr und Vasall verpflichten sich zu gegenseitiger Treue, der Lehnsherr stellt dem Vasallen Land zur Verfügung, der Vasall ist ihm dafür dienstbar und zu Abgaben verpflichtet. Früher wurde der Zehent, nun wird die Stimme abgeliefert.

Sich aus solcher Abhängigkeit zu lösen kostet sehr viel Kraft, weil es viel Renommee und Einfluss kosten könnte. Deshalb hüten sich viele Vasallen, sich wirklich gegen den Lehnsherrn zu erheben. Europas Verbände und ihr Dachverband, die Uefa, drohten zuletzt mit einem Boykott, doch nicht etwa mit einem WM-Boykott, sondern mit einem Boykott der Gala, bei der die nächste WM-Quali ausgelost wird. Huch. Der Lehnsherr lacht sich ins Fäustchen. Wer solche Feinde hat, braucht keine Freunde mehr. (Fritz Neumann, 29.5.2015)