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Die Kritik an der deutschen Pkw-Maut ist schon seit geraumer Zeit groß.

Foto: apa/müller

"Die Infrastrukturabgabe kommt am 1. Januar 2016." Das hat der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) immer wieder erklärt. "Ausländer-Maut" mag er sein Projekt schon lange nicht mehr nennen. Dieser Name war nur im Wahlkampf 2013 opportun, als die CSU gegen die vielen Ausländer wetterte, die "unsere schönen Straßen in Deutschland kaputtfahren".

Möglicherweise muss sich Dobrindt gar keine Gedanken mehr machen, wie das bislang wichtigste Projekt seines Hauses genannt werden soll. Die Welt am Sonntag berichtet, die EU-Kommission wolle noch vor der Sommerpause ein Verfahren gegen die deutsche Pkw-Maut einleiten, da sie bezweifelt, dass das Gesetz mit EU-Recht vereinbar ist.

Jahresvignette für Deutsche

Denn jene Kfz-Halter, deren Fahrzeug in Deutschland gemeldet ist, bekommen die Maut über die Kfz-Steuer wieder refundiert. Tatsächlich zahlen müssen somit nur Ausländer. "Wir werden gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Pkw-Maut einleiten, weil sie ausländische Fahrer diskriminiert und damit gegen EU-Recht verstößt", sagte ein Kommissionsvertreter der Zeitung. Die Kommission habe dem deutschen Bundesverkehrsministerium auch mehrfach Bedenken mitgeteilt. "Dies hat aber leider nicht dazu geführt, dass die erforderlichen Änderungen vorgenommen wurden."

In Deutschland hat die Maut die letzte parlamentarische Hürde Anfang Mai genommen. Damals gab der Bundesrat seinen Segen. Bis dahin jedoch hatte es erbitterte Debatten gegeben. Nicht einmal die CDU steht voll hinter dem Projekt der CSU. Doch Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hatte auf Erfüllung des schwarz-roten Koalitionsvertrages gepocht, also stimmten die CDU und auch die noch skeptischere SPD letztendlich zu.

Entlastung über Kfz-Steuer

Im Detail sieht das Vorhaben so aus: Zwar müssen Halter, die ihr Kfz in Deutschland gemeldet haben, eine Jahresvignette kaufen. Der Preis richtet sich nach Größe und Schadstoffausstoß des Autos, im Schnitt liegt er bei 74 Euro. Doch die Deutschen bekommen eben die Entlastung über die Kfz-Steuer, Ausländer hingegen nicht.

Diese haben immerhin die Möglichkeit Zehn-Tages- und Zwei-Monats-Pickerl zu erwerben. Kurz vor der Abstimmung im Bundestag hatten die Sozialdemokraten noch auf Änderungen gepocht.

Kurzzeitpickerl für Ausländer

Und so wurde in letzter Minute eine Staffelung eingeführt: Die Zehn-Tages-Vignette soll nun nicht mehr - wie ursprünglich geplant - pauschal zehn Euro kosten, sondern der Preis wird in drei Beträge von fünf, zehn und 15 Euro gestaffelt. Bei der geplanten Zweimonatsvignette sind es statt 22 Euro für alle nun 16, 22 und 30 Euro - je nach Größe und Schadstoffausstoß des Fahrzeugs.

Ohne die Änderungen hätte die Situation eintreten können, dass der Halter eines umweltfreundlichen, in Deutschland gemeldeten Kleinwagens für das Jahrespickerl weniger bezahlt als Ausländer für die Kurzzeitvignette.

Opposition erfreut

Die deutsche Opposition (Grüne und Linke) sowie der ADAC begrüßen ein mögliches Verfahren. "Es ist gut und wichtig, dass Europa sich der wirtschaftlich unsinnigen, vor allem aber rechtlich höchst bedenklichen Maut-Pläne des Verkehrsministeriums annimmt und schnell zu einer klaren juristischen Einschätzung kommt", sagt ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker. Österreich hatte schon vor einigen Monaten angekündigt, nach dem Inkrafttreten der Maut dagegen klagen zu wollen. (Birgit Baumann, 31.5.2015)