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Wegen Kritik an der Ukraine-Politik von Präsident Wladimir Putin hat Moskau 89 EU-Bürger auf eine schwarze Liste gesetzt. Sie dürfen bis auf weiteres nicht mehr nach Russland einreisen.

Foto: AP / Alexei Nikolsky

Wie du mir, so ich dir! In der vergangenen Woche hat das russische Außenministerium der EU-Vertretung in Moskau eine Liste mit Personen übergeben, denen die Einreise nach Russland untersagt ist. Aus russischen Diplomatenkreisen hieß es, das Namensregister sei die "Antwort" auf die Sanktionskampagne der EU.

Tatsächlich hatte Brüssel zuvor im Zuge der Krim- und Ostukraine-Krisen ebenfalls gegen 151 Einzelpersonen und 37 Firmen aus Russland und der Ukraine Restriktionen verhängt. Schon damals hatte die russische Führung mit einer Reaktion auf die ihren Worten nach "illegalen Maßnahmen der EU" gedroht. Im Gegensatz zum Westen veröffentlichte Moskau seine schwarze Liste allerdings nicht und forderte Ausländer stattdessen auf, vor einem Besuch in Russland eventuelle Einreisebeschränkungen in der Botschaft abzuklären.

Rüde Abweisung

Im Fall des deutschen CDU-Politikers Karl-Georg Wellmann versagte die diplomatische Schiene allerdings. Der Bundestagsabgeordnete wurde trotz einer Einladung aus dem russischen Föderationsrat an der Grenze rüde abgewiesen – was prompt einen Skandal zwischen Berlin und Moskau hervorrief.

Offiziell rechtfertigte der Kreml das Einreiseverbot nicht, kam nun aber immerhin der Forderung nach Übergabe der "Visasperrliste" nach. Obwohl Moskau angekündigt hatte, diese nicht zu veröffentlichen, standen die Namen der Betroffenen kurz darauf in den Medien, Russland kommentierte weder die Authentizität der Liste, noch begründete es seine Auswahl der betroffenen Politiker.

Im Gegenteil: Ein anonymer Sprecher des Außenministeriums forderte angesichts der heftigen Kritik aus Europa mehr Gelassenheit. Es gebe auch schwarze Listen gegen US-Politiker, "doch in dem Fall verhalten sich unsere amerikanischen Partner konstruktiver als unsere europäischen", sagte er.

Scharfe Kritiker betroffen

Nicht nur in den meisten europäischen Hauptstädten, auch in den EU-Institutionen wurde das russische Vorgehen scharf kritisiert. In einer Erklärung der Kommission in Brüssel hieß es, die Auswahl der mit Einreiseverbot belegten Personen sei vollkommen willkürlich. Zwar seien die Namen übermittelt worden, aber es sei unklar, was die Gründe und die Rechtsgrundlage für die Maßnahme seien, die intransparent und ungerechtfertigt erscheine.

Tatsächlich konnte die Existenz einer solchen schwarzen Liste in Moskau für die Union nicht überraschend sein. Seit Sommer 2014 sind bereits mehrere europäische Politiker an der Einreise nach Russland gehindert worden. Die Bekannteste war bisher die Fraktionschefin der Grünen, Rebecca Harms, die sich für Bürgerrechtler und die Ukraine mehrfach besonders stark machte.

"Geehrt, gebrandmarkt zu werden"

Sie steht offiziell ebenso auf der Liste, die dem Standard vorliegt, wie ihr früherer Kollege Daniel Cohn-Bendit. Er sagte, er fühle sich "geehrt, von einem totalitären System als Feind des Totalitarismus gebrandmarkt zu werden". Auch der Fraktionschef der Liberalen im EU-Parlament und frühere belgische Premier, Guy Verhofstadt – ein scharfer Kritiker des Vorgehens Putins in der Ukraine – ist auf der Liste erfasst.

Neben Politikern weist Moskau auch Militärs aus Europa zurück. Es fällt auf, dass besonders viele Betroffene aus Polen (wie Ex-EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek oder der Außenpolitiker Jacek Saryusz-Wolski) darunter sind, und auch aus baltischen Staaten (Litauens Ex-Präsident Landsbergis), Schweden, den Niederlanden, Dänemark und Deutschland.

Dass die Liste schon älter ist, zeigt sich am prominentesten Briten: Ex-Vizepremierminister Nick Clegg ist seit der Wahl im Mai nicht mehr im Amt. Aus Österreich ist in Moskau niemand auf der schwarzen Liste. (André Ballin aus Moskau, Thomas Mayer aus Brüssel, 31.5.2015)