Der Bahnsteig an der Station Santa Rosa der Linie L9 in Barcelona ist durch Glas von den Gleisen getrennt.

Foto: Generalitat de Catalunya (Wikimedia Commons)

Wer in Barcelona die U-Bahn benutzt hält auf der Linie 9 seit 2009 vergeblich Ausschau nach einem Fahrer in der Kabine. Die L9 ist die erste fahrerlose U-Bahn Spaniens. Die L10 ebenfalls in Barcelona folgte ein Jahr später. Das System wird vollständig per Computer überwacht. Ähnlich wie Shuttle-Züge auf den großen Flughäfen, ist der Bahnsteig mittels Glastüren von den Gleisen getrennt. Erst wenn der Zug im Bahnhof anhält, gehen diese auf. Die Fahrgäste können ein- und ausstiegen. "Die modernste U-Bahn Europas", hieß der stolze Slogans des öffentlichen Nahverkehrsunternehmens TMB damals.

Als die ersten Züge den Betrieb aufnahmen, zeigte sich so mancher skeptisch über das neue System. Doch nahmen die Fahrgäste die fahrerlose U-Bahn überraschend gut an, wenn man den Umfragen der Verkehrsbetriebe glauben darf. Die Passagiere benoteten nur ein Jahr nach Inbetriebnahme die Linie 9 mit der Note 8,6 von 10, während sie dem U-Bahnnetz insgesamt nur die Note 7,1 gaben.

Alte Menschen beeindruckt

Überraschenderweise bewerteten ältere Menschen die neue U-Bahn besonders gut. Die 60 bis 75-Jährigen gaben die Note 9,1. "Sie sind von der neuen Technologie stärker beeindruckt, als junge Menschen", lautet die Erklärung, die ein TMB-Sprecher parat hatte.

TMB erregt Interesse nicht nur bei den U-Bahnbetreibern in Madrid und Bilbao, die sich überlegen, einige Linien ebenfalls auf einen fahrerlosen Betrieb umzustellen. Auch internationale Besucher ließen sich die L9 und L10 vorführen. Darunter die Verkehrsbetriebe aus Istanbul.

Insgesamt sind die neuen Linien tatsächlich zuverlässiger als die herkömmlichen Züge mit Fahrern. In den sechs bzw. fünf Jahren, in denen die L9 und die L10 ohne Chauffeur verkehren, kam es nur zu zwei größeren Ausfällen. Im Mai 2011 fiel die L9 acht Stunden komplett aus. Vor knapp zwei Wochen traf es L9 und L10 zeitgleich. Erneut war es ein Informatikfehler, der den Betrieb für drei Stunden zum Erliegen brachte. Über 300 Fahrgäste musste aus den Zügen geholt und zum nächsten Bahnhof geführt werden. Dort wartete ein völlig veraltetes Verkehrsmittel auf sie. Städtische Busse mit Fahrern brachten die Passagiere – wenn auch mit Verspätung – doch noch ans Ziel. (Reiner Wandler, 2.6.2015)