Der Vogelwinzling besaß zwei charakteristische Schwanzfedern. Die Paläontologen vermuten, dass sie mit dem Balzverhalten der Tiere in Zusammenhang standen.

Illu.: Deverson Pepi

Rio de Janeiro - Paläontologen haben in Südamerika die Überreste eines wahren Winzlings unter den urzeitlichen Vögeln entdeckt. Das Tier war kaum größer als moderne Kolibris und besaß lange, dem Schaft eines Pfeils ähnelnde Schwanzfedern, wie die Forscher im Fachmagazin "Nature Communications" berichten. Der Vogel hat vor etwa 115 Millionen Jahren auf dem Superkontinent Gondwana gelebt. Nach Angaben der Wissenschafter um Ismar de Souza Carvalho von der Staatlichen Universität in Rio de Janeiro waren die freigelegten Fossilien in sehr gutem Zustand.

Fossile Funde von Vögeln aus dem Erdmittelalter, das vor etwa 252 Millionen Jahren begann und vor etwa 66 Millionen Jahren endete, sind selten. Deshalb ist nur wenig über die frühe evolutionäre Geschichte dieser Tiergruppe bekannt. Die meisten gefiederten Überreste aus jener Zeit wurden im Nordosten Chinas gefunden. Umso bemerkenswerter ist nicht nur der erstaunlich gute Zustand des nun entdeckten Vogels, sondern auch der Fundort: das Araripe-Becken im Nordosten Brasiliens.

Ausgestorbener Vogelzweig

Es sei der erste Fund dieser Art in Südamerika, berichteten die Forscher. Der Vogel sei wohl ein Jungtier und gehöre wahrscheinlich zu den sogenannten Enantiornithes ("gegensätzliche Vögel"), einer Gruppe zahntragender Vögel, die an der Kreide-Tertiär-Grenze vor etwa 66 Millionen Jahren ausstarb. Aus einem anderen evolutionären Zweig, den Ornithuromorpha, entwickelten sich die modernen Vögel.

Das Araripe-Becken ist eine der bedeutendsten Fossillagerstätten der Welt. Zu Lebzeiten des kleinen Vogels herrschte hier ein heißes und feuchtes Klima, was eine große Artenvielfalt begünstigt habe, erklärte der Paläontologe de Souza Carvalho in einem zur Studie veröffentlichten Video:

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Fremdartige Federn

Der gute Zustand des Fossils erlaubte Rückschlüsse auf Struktur und Funktion der speziellen Schwanzfedern: Sie seien anders als die heutiger Vögel bandförmig, hätten einen elliptischen Schaft und ein Muster aus Punkten, schrieben die Wissenschafter. Sie nehmen an, dass es sich um Reste der ursprünglichen Färbung des Vogels handelt.

Größe und Farbgebung der Schwanzfedern könnten mit dem Balzverhalten der Tiere oder der Arterkennung zusammenhängen, heißt es in der Studie weiter. Unwahrscheinlich sei, dass sie für das Gleichgewicht der Vögel oder ihr Flugverhalten bedeutsam waren - die Federn seien aerodynamisch nicht optimiert. (APA, red, 2.6.2015)