Wien - Das Team Stronach schrumpft. Hatte der Parlamentsklub des Milliardärs Frank Stronach nach der Nationalratswahl 2013 elf Mandatare, sitzen in seinen Reihen künftig nur mehr neun. Am Mittwoch hat ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka die ehemaligen Stronach-Abgeordneten Georg Vetter und Marcus Franz in den Klub der Volkspartei geholt. Die beiden werden vorerst aber nicht der Partei betreten.
"Es ist schwer, Politik auf schlingerndem Schiff zu machen, wenn der Kapitän ständig dem Steuermann ins Ruder greift", begründete Vetter seinen Übertritt zur ÖVP. Die Wirksamkeit des Team Stronach sei "verpufft". Schon für die Wahlniederlage in der Steiermark und im Burgenland hatte Vetter Parteichef Stronach verantwortlich gemacht. Dieser hatte ihn daraufhin zum Rücktritt aufgefordert. Der Anwalt will liberale Themen wie Privateigentum, Meinungsfreiheit, Privatsphäre und Unternehmergeist in die Volkspartei einbringen.
"Dr. Franz geht zur ÖVP"
Auch Franz war im Team Stronach unzufrieden. "Es ist genau der richtige Zeitpunkt, dass der Dr. Franz zur ÖVP geht", sagt Franz über Franz. Als Arzt wolle er sich vor allem in der Gesundheitspolitik einbringen.
Franz war bereits als Stronach-Mandatar umstritten. So hatte er etwa im Zuge der Strafrechtsreform, nach der auch Po-Grabschen als sexueller Übergriff gewertet werden soll, kritisiert. "Ob der Popsch hält, was der Blick verspricht. Das erfahren zu wollen wird nun bestraft", schrieb Franz auf Twitter. Kinderlosigkeit hatte er in einem Interview mit "profil" als "amoralisch" bezeichnet. Auf die Frage, ob auch Homosexualität amoralisch sei, sagte er: "Wenn ich strenge Moralmaßstäbe anlege, ist es mit Sicherheit amoralisch, wiewohl es in den Genen steckt. Es gibt auch im Säugetierreich Homosexualität, bei Hunden oder Affen".
Lopatka verteidigt Franz
Lopatka warnte davor, Franz auf "diese zwei Zitate zu reduzieren". Es könne jedem Abgeordneten passieren, dass er "missverständliche Aussagen" trifft. "Das muss ein Klub aushalten." Dies dürfe natürlich nicht täglich passieren und Franz müsse sich in Zukunft vorsichtiger ausdrücken. Franz habe sich mit dem Grundsatzprogramm der ÖVP zur Familienpolitik einverstanden gezeigt. "Ich bin eins zu eins derselben Meinung", sagte er. Die Aussagen zu Po-Grabschen habe er auf Twitter getätigt und dort sei der Ton generell "ironisch und witzig".
Der ÖVP-Klubchef hat die beiden Mandatare am Dienstagmorgen eingeladen, dem ÖVP-Klub beizutreten. Franz stehe für die "christlich-konservative" Seite der ÖVP und Vetter verstärke den liberalen Flügel. Bei einem Frühstück am Mittwoch habe er auch die Klubobfrau des Team Stronach, Waltraud Dietrich, über den Wechsel der beiden informiert.
"Steigbügelhalter"
Dietrich kritisierte die beiden in einer Aussendung scharf. "Wir sind angetreten, um das System zu ändern, jetzt agieren die beiden als Steigbügelhalter des bestehenden Systems, das müssen sie vor sich selbst verantworten." In schwierigen Zeiten zeige sich, wer zu der Partei steht und wer nur persönliche Interessen verfolge. Es habe sich gezeigt, dass Mandatare, die nicht Parteimitglieder sind und nicht einmal aktiv im Wahlkampf um jede Stimme kämpfen mussten, "keine enge Bindung zu Partei und Parlamentsklub haben."
Durch den Klubwechsel von Vetter und Franz hat die ÖVP künftig 49 Abgeordnete und damit nur mehr zwei weniger als die SPÖ. Sprecherfunktionen werden beide Abgeordnete im Parlament jedoch nicht bekommen. Franz soll etwa Gesundheitssprecher Erwin Rasinger beraten. "Ich bin sehr froh, mit Vetter wieder einen Rechtsanwalt im Klub zu haben."
Lopatka räumte ein, dass die ÖVP durch die neuen Personalentscheidungen nicht jünger oder weiblicher werde, wie die Volkspartei eigentlich an ihrem Parteitag für die Zukunft angekündigt hatte. "Mir reicht das, was sie mitbringen." Mehr Frauen im ÖVP-Parlamentsklub soll das kürzlich beschlossene Reißverschlussprinzip bringen.
Weniger Geld für Team Stronach
Für den Klub des Team Stronach bedeutet der Verlust zweier Nationalratsabgeordneter auch empfindliche finanzielle Einbußen. Nicht nur verliert er 48.118 Euro jährlich an Klubförderung pro Mandatar, zudem fällt der Extra-Betrag für den zehnten Abgeordneten in der Höhe von 117.933 Euro weg. Dies rechnete der Parteiförderungsexperte Hubert Sickinger aus. Die ÖVP bestätigte dieser Berechnungen bei der Pressekonferenz.
Beides wird mit dem nächsten Quartal schlagend, also mit 1. Juli. Umgekehrt kann sich der ÖVP-Klub über die insgesamt 96.236 Euro mehr freuen, die der Zuwachs um zwei Abgeordnete in die Kassen spült. Dies wiederum tritt ab Mitteilung durch die Nationalratspräsidentin in Kraft, also alsbald. Lopatka betonte, dass es ihm aber nie um das zusätzliche Geld gegangen sei. (koli/APA, 3.6.2015)