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Proteste gegen Premier Nikola Gruevski in Skopje.

Foto: Reuters / Ognen Teofilovski

Die Demonstranten spielen Tischtennis. Einige tanzen zu Popmusik. "Geh Nikola, geh!", rufen ein paar Männer. An vielen Zelten, die hier von den Demonstranten seit dem 17. Mai errichtet wurden, hängen Schilder, auf denen Premier Nikola Gruevski zu sehen ist: Rot durchgestrichen. Die Nachricht, dass sich die vier großen Parteien mithilfe der Mediation von EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn und des US-Botschafters Jess Bailey auf Neuwahlen im April geeinigt haben, hat viele deutlich erleichtert.

In der EU und den USA befinden viele, dass Gruevski nach all den Missetaten (Korruption, Amtsmissbrauch, Missbrauch der Justiz), die durch die abgehörten Telefonate ans Tageslicht kamen, und nach den Feuergefechten der Sicherheitskräfte gegen eine kriminelle Gruppe in Kumanovo, bei denen acht Polizisten getötet wurden, eine Gefahr für die Stabilität in der Region darstelle.

Allerdings gehen zunächst die Verhandlungen mit den Parteichefs am 10. Juni in Brüssel weiter. Wenn es dann nicht zu einer Einigung über eine Übergangsregierung kommt, könnte sich die Krise noch verschärfen. Denn die oppositionellen Sozialdemokraten (SDSM) bestehen auf eine solche Regierung ohne Gruevski.

Protestcamp besteht weiter

Der Abgeordnete Ljubomirov Josifovski von der Neuen Sozialdemokratischen Partei besteht darauf, dass Gruevski zurücktritt. Gleichzeitig hält er es aber nicht für realistisch, dass der Premier dies kommende Woche tun werde. "Aber dann machen wir eben weiter mit den Protesten, vielleicht auch noch an anderen Plätzen", sagt er. "Das Camp hier schaut zwar so aus wie Urlaub. Aber das ist kein Urlaub hier!", sagt er zum STANDARD.

Das Protestcamp hat etwas von einem Ferienzeltplatz, es gibt Kühlschränke und Sonnenschirme. An einer Ecke besingt ein Mann mit einer Tambura "Das schöne mazedonische Mädchen". Viele spielen Tavla. Neben mazedonischen hängen türkische und albanische Flaggen. Die Sozialdemokraten könnten bei den Wahlen als multiethnische Partei antreten, heißt es.

Josifovski ist sich bewusst, dass die VMRO-DPMNE von Gruevski weiterhin viele Anhänger hat, vor allem weil sie viele Jobs vergibt. Der Politiker glaubt, dass das System am ehesten zu ändern ist, indem die Medienlandschaft wieder demokratisiert wird. "Die Konzessionen für die Fernsehkanäle müssen an die Bürger gehen", sagt er. Abgesehen davon müsse das Justizsystem entpolitisiert, das Wahlgesetz geändert und die Wählerlisten auf den aktuellen Stand gebracht werden. Bei den letzten Wahlen gingen tatsächlich "Verstorbene" wählen.

Athen bewegt sich nicht

Wichtig sei, dass die Forderung der EU und USA nach Demokratisierung aufrecht bleibe, sind sich die Demonstranten einig. Der Analyst Saso Ordanovski meint, die USA habe die VMRO-DPMNE aufgefordert, ihre außenpolitische Ausrichtung zu klären. Gruevski, der einen prorussischen Kurs eingeschlagen hatte, hat nun ein Interview gegeben, in dem er sich zu Nato- und EU-Integration bekannte. Im Hintergrund geht es auch um eine Pipeline für russisches Gas die durch Mazedonien und Serbien gehen sollte. Dem serbischen Premier Aleksandar Vucic wird übrigens jetzt von der EU in der Mazedonien-Krise eine sehr positive Rolle bescheinigt.

Der Hauptblockierer – Griechenland legt seit Jahren wegen des Namensstreits ein Veto gegen den Nato- und EU-Beitritt ein – rührt sich indes nicht vom Fleck. (Adelheid Wölfl aus Skopje, 5.6.2015)