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Eine Hundedame, die im Auftrag des deutschen Staates Bargeldbündel erschnuppert, die Passagiere am Fiskus vorbei außer Landes schmuggeln wollen. Die hohe Abgabenquote schwebt über dem geknechteten Steuervolk. Doch was überzeugt uns, unser Scherflein beizutragen?

Foto: APA/Roessler

Der Zeitpunkt könnte nicht besser gewählt sein: Just in steuerpolitisch turbulenten Zeiten haben Eva Hofmann und ihr Team von der Uni Wien eine neue Studie durchgeführt. Der sperrige Titel: "Hat die alleinige Beschreibung der Steuerbehörde Einfluss auf Steuerhinterziehung?" Die Schlüsse, die die Wirtschaftspsychologin daraus zieht, dürften vor allem den Finanzminister interessieren. Es geht um die Frage, was Bürger und Bürgerinnen dazu bewegt, ihrer Abgabenpflicht möglichst ehrlich nachzukommen. Ist es die Registrierkassenpflicht, die dem Unternehmer gar keine andere Wahl lässt, als auch den letzten Cent zu versteuern? Ist es die nahezu totale Transparenz durch die geplante Konteneinschau? Sind es die Exekutivbeamten, die mit Blaulicht zu Hause anrücken, um illegaler Beschäftigung oder Schwarzgeldkassen zu Leibe zu rücken?

Hofmann hält die Ergebnisse der Studie für geradezu revolutionär. Zusammenfassend lautet das Ergebnis: Bürgerinnen und Bürgern fällt das Steuerzahlen viel leichter, wenn die Steuerbehörde kompetent ist. Haben er und sie das Gefühl, das System ist fair und die Behörde modern und effizient, zahlt er bereitwilliger. Bemerkenswert ist das für die Wissenschafterin deswegen, weil "ein Ökonom sagen würde, je höher die Strafen und die Prüfwahrscheinlichkeit, umso eher wird der Steuerpflichtige seine Steuern zahlen." In Hofmanns Versuchsanordnung stellte sich heraus, "dass die Beschreibung der Behörde als vertrauenserweckend" den Unterschied macht.

Strafen oder motivieren

Hofmann und ihre Kolleginnen Barbara Hartl und Katharina Gangl beschäftigen sich schon lange damit, ob eher die Drohung mit der Strafkeule wirkt oder doch die guten Argumente eher motivieren, sein Scherflein zu den öffentlichen Ausgaben beizutragen. Jene, die das bereitwillig tun, sind entgegen dem öffentlichen Bild in der Mehrzahl. 85 Prozent der Bevölkerung leisten gerne ihren Obolus, sagt Friedrich Schneider von der Linzer Johannes-Kepler-Universität: "Österreich zählt hinter der Schweiz, den Niederlanden und Luxemburg zu den steuerehrlichsten Ländern."

Das Problem sind naturgemäß die fünfzehn Prozent. Wenn ein ehemaliger Finanzminister als Steuerhinterzieher auffliegt, stehen die Chancen laut Hofmann gut, dass sich manche sagen: "Blöd wär' ich, würd' ich das nicht tun." Schwarze Schafe haben eine unrühmliche Vorbildfunktion. Dafür, was geht und was nicht geht, ist auch die herrschende Kultur ausschlaggebend. Familie, Freunde, Bekannte wirken wesentlich darauf ein, was als anständig, als Kavaliersdelikt oder als schweres Vergehen empfunden wird. Wenn es also - eine rein theoretische Annahme - im Gastgewerbe oder am Bau üblich ist, am Fiskus vorbeizuwirtschaften, muss man sich nicht wundern, wenn sich dabei niemand etwas denkt. Glaubt man Steuerberater Erich Wolf, sind die Zeiten, wo man seine Schäfchen gerne ins Trockene brachte, ohnehin vorbei, auch bei jenen, die Gestaltungsspielraum und Geld haben: "Nicht nur Geldstrafen wirken. Auch gesellschaftliche Ächtung. Prominente Kunden haben massive Angst davor, in der Zeitung zu stehen."

Eva Hofmann macht sich auch so ihre Gedanken, welche Auswirkungen all das haben kann, was derzeit in der Causa prima diskutiert wird. Die Sache mit der Registrierkassenpflicht ist für sie etwa kein einfacher Sachverhalt: "Ich als Steuerzahlerin, die alles richtig machen will, finde das nicht schlecht. Ich werde beschützt vor jenen, die Steuern hinterziehen. Ein Gastronom, der ebenfalls nach seiner Einschätzung korrekt versteuert, fühlt sich unter Umständen überwacht und könnte negativ reagieren." Die Auswirkungen abzuschätzen sei verdammt schwierig, sagt Hofmann.

Friedrich Schneider hält den Weg, den Österreich nun einschlägt für grundverkehrt: "Wir machen genau das Falsche. Österreich muss von diesem Obrigkeits-Kontrolldenken weg. Auch in der Gastronomie sind einfach die Lohnnebenkosten viel zu hoch." Gesucht werden die schwarzen Schafe nicht nur hierzulande. Auch anderswo versuchen die schuldengeplagten Staaten, angesichts der Flaute in den Staatskassen durch Zuckerbrot und Peitsche an das Geld ihrer Abgabenpflichtigen zu kommen.

Ökonomisch ist das richtig, findet Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller: "Das ist verteilungspolitisch, beschäftigungspolitisch und wachstumspolitisch relevant und nicht nur eine Frage der Moral. Wenn die Leute immer mehr das Gefühl haben, dass sich bestimmte Gruppen der Besteuerung legal oder illegal entziehen können und die Last der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben zunehmend auf ihnen lastet, führt das zu größerem Steuerwiderstand." Fairness sei im Interesse aller.

Dass die Frage nach dem "Wie" eine Gratwanderung ist, zeigt auch die geplante Aufhebung des Bankgeheimnisses. Bei vielen könnte der Schuss nach hinten losgehen, warnt Schneider. Hofmann pflichtet ihm bei: "Wer sich zu Unrecht verdächtigt fühlt, wird den Staat als Bedrohung sehen und versuchen, sein Geld zu verstecken."

Schmücken mit dem Label

Hofmann hält viel mehr von positiver Motivation und Kooperation. Vorbilder dafür gibt es etwa in Großbritannien. Vor zwei Jahren hat man dort eine Initiative namens Fair Tax Mark gestartet. Vergleichbar mit dem Label Fairtrade oder Bio können sich Unternehmen als faire Steuerzahler akkreditieren. Neue Wege geht man auch in den Niederlanden: "Man versucht, nicht mehr zu kontrollieren, sondern auf Augenhöhe mit großen Unternehmen zusammenzuarbeiten." Horizontal Monitoring nennt sich das. Die Behörde verpflichtet sich, verlässliche und rasche Informationen im Austausch gegen Daten zu liefern. Auch in Österreich läuft ein entsprechendes Pilotprojekt. 15 Firmen nehmen teil. Mehr kann das Finanzministerium derzeit nicht bewältigen.

Vertrauensaufbau zur Behörde halten die Psychologinnen überhaupt für eines der Schlüsselinstrumente in Sachen Steuerehrlichkeit. "So wie in der Schweiz", sagt Schneider: "Ich habe dort lange gelebt. Die Steuerbehörde hat angerufen, wenn etwas unklar war." Daneben haben die Schweizer dank mehr direkter Demokratie das Gefühl, mitbestimmen zu können, was mit ihrem Geld passiert. Ein Großteil der Steuern geht außerdem an lokale Verwaltungen. Die Bürger sehen, wohin ihr Geld fließt.

Ein Ansatz, den auch Österreich verfolgt: 2012 hat die damalige Finanzministerin Maria Fekter mit dem Steuerbescheid erstmals ein Briefchen mitgeschickt, in dem in Ansätzen erklärt wird, was mit dem Steuergeld geschieht. Was die Uneinsichtigen betrifft, so gibt es auch da Erkenntnisse von Forschungskollegen in Australien. Demnach kommt die notwendige Methode auf den Steuerzahler an: Wer nicht bereit ist, Abgaben zu zahlen, den muss man sehr hart strafen. (Regina Bruckner, 7.6.2015)