Antonie Danz
Das kleine Buch vom achtsamen Essen

Mit 7-Tage-Programm, Übungen und Rezepten
Knaur 2015
139 Seiten, 10,30 Euro (Taschenbuch)

Foto: knaur verlag

"Probleme werden mit an den Esstisch gebracht", schreibt die deutsche Ernährungswissenschaftlerin Antonie Danz in ihrem neuen Buch. Das sei ihr insbesondere bei von ihr gehaltenen Coaching-Seminaren aufgefallen, dessen Teilnehmer über Verdauungsbeschwerden und Müdigkeit klagten - nicht ohne Grund, wie Danz vermutete: Sie müssten erst das richtige Essen wieder erlernen.

Konkrete Tipps

In ihrem "kleinen Buch vom achtsamen Essen" gibt sie Tipps und Anregungen, wie man zu einem entspannteren und bewussteren Essverhalten findet. Dafür empfiehlt sie so Einiges: Eine angenehme Atmosphäre, Dankbarkeit für die Mahlzeit, einen fixen Essrhythmus, saisonale und frische Lebensmittel. Sie macht Essen zur Hauptsache und fordert Konzentration - PC und Fernseher bleiben ausgeschaltet.

Den Großteil des Buchs machen konkrete Übungen und Anleitungen aus. Vorgeschlagen wird etwa, in einer Tabelle systematisch aufzuschreiben, wann, warum, mit wem, was und aus welchem Grund (Hunger, Gewohnheit, Langeweile, etc.) an einem Tag gegessen wurde.

Oder sich alle Überzeugungen aufzuschreiben, die einem zum Thema Ernährung in den Sinn kommen, etwa "Salat tut mir gut, er ist gesund und erfrischend" oder "Ich esse das, worauf ich Lust habe, und das ist auch gut so." Nicht selten stehen manche dieser Sätzei n einem Widerspruch zueinander.

So kann man ungesunde (Denk-)Muster identifizieren, etwa zu Hause immer gesund essen zu müssen, mit Freunden und im Restaurant aber nicht mehr darauf zu achten (weil man sich "wohlfühlen" will). Erst wenn man sich der Ungereimtheiten bewusst ist, kann man daran arbeiten - entweder an der Ernährung, oder an der Einstellung dazu.

Viel TCM

Im Buch bemüht Danz auch Traditionelle Chinesische Medizin ("Alle Formen und Substanzen sind die Materialisierung von Qi) und Quantenphysik ("Unser Geist lenkt alles, was existiert!"). Am wichtigsten, schreibt Danz, sei das Erreichen einer starken "Mitte", und meint damit das "energetische Zentrum" im Körper, das rund um Milz und Magen liege. Der Weg dorthin ist wiederum die Achtsamkeit.

Der Grundgedanke ist wichtig und richtig - tatsächlich essen wir kaum mehr bewusst - die Wege dorthin jedoch überzeugen nicht allesamt, auch weil es mitunter esoterisch wird. So empfiehlt die Autorin, sich bereits beim Kochen mantraartig "Ich koche gerne. Ich koche köstlich" vorzusagen. Oder etwa, beim Esstisch auf den eigenen Händen zu sitzen und so Entspannung zu erlangen.

Brauchbarer sind da schon die Tipps, ein Schatzkästchen mit Fotos, Rezepten, Kindheitserinnerungen rund ums Essen anzulegen, auf das man immer wieder zurückgreifen und sich so Appetit holen kann. Auch und besonders dann, wenn ein richtig gutes Essen gerade nicht drinnen ist - etwa im Büro oder unterwegs. Ein "Essfreuden-Tagebuch" wiederum soll helfen, sein eigenes Essverhalten zu hinterfragen.

Rezepte und Zutaten

Der letzte Teil des Buchs ist "harmonisierenden und vitalisierenden" Speisen und Zutaten gewidmet. Vor allem milde und schonend (etwa durch Garen, nicht aber durch starkes Erhitzen) zubereitete Gerichte sind vertreten: Nussiges Rote-Bete Gemüse, Zartfruchtiger Kohlrabi, Möhrenrisotto, Kichererbsen mit erfrischender Minze, verschiedene Suppen und Salate. Fleischesser werden damit also nicht glücklich.

Im Folgekapitel lobt sie Getreide ("stärkste Qi-aufbauende Wirkung"), Reis ("beruhigend und stärkend"), Mais ("beruhigend, neutrale Thermik") und die aus aktuellen Ernährungsbüchern nicht mehr wegzudenkende Quinoa ("stärkt und vitalisiert"). Konkrete Diätpläne findet man nicht, vielmehr soll das Buch zum Reflektieren über das eigene Essverhalten und die Gründe dahinter anregen.

Insgesamt ist das Buch stimmig geschrieben und mit schönen Kindheitserinnerungen an prall gefüllte Obstgärten und das große Glück des ersten, am Lagerfeuer in einer Dose gebratenen Spiegeleis gefüllt ist. Das macht tatsächlich Lust auf einen bewussteren und genussvolleren Zugang zum Essen. Ob man dafür aber auf den eigenen Händen sitzen muss, sei dahingestellt. (Florian Bayer, 15.6.2015)