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Eine Arbeit der Salzburger Künstlerin Johanna Kirsch im Bunker.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Die vier Soldaten müssten sich eigentlich viel mehr um die Forellenzucht kümmern, die einen Kilometer vom Bunker entfernt liegt, doch die Männer in den grünen Uniformen hüten jede der 124 künstlerischen Arbeiten wie einen Schatz im Berg. Sandra und Edo Hozic, die Organisatoren der Biennale, sprechen von einem "hybriden Museum": Ohne die Soldaten wäre nichts machbar.

Die erste Biennale 2011 fand in Zusammenarbeit mit Montenegro und Serbien statt, die zweite mit Kroatien und die dritte, heuer mit Österreich und Albanien. Es gibt Arbeiten, die sich mit dem Bunker als Relikt des Kalten Krieges beschäftigen, wie etwa jene des Florentiners Leone Contini, der gemeinsam mit dem Biologieinstitut der Uni Rom eine Bakterienzucht eingerichtet hat, die schon von weitem übel riecht.

Contini will zeigen, dass der Bunker weder steril noch wirklich isoliert war, sondern dass hier immer mikroskopische Lebensformen existierten und existieren werden, selbst wenn es die menschliche Zivilisation nicht mehr geben sollte. Marko Peljhan nutzt ein Empfangsgerät, das er im Bunker fand und versendet Morsecodes in den Sprachen Ex-Jugoslawiens. Der Albaner Helidon Gjergji lässt die Namen von Videospielen aus dem Kalten Krieg über eine Spiegelwand laufen: "Sons of a solar Empire", "Zivilsation V" oder "Balance of Power".

Bruder, meine Schwester

Eine Version eines "Eisernen Vorhangs" zeigt Selma Selman, eine Romni aus Bihac, in dem sie Altmetall vor einem Foto ausbreitet, das sie in einem Lieferwagen zeigt. Früher habe ein Bunker vielleicht Sicherheit geboten. "In meiner Familie ist der sicherste Ort aber ein Mercedes 310, weil die Familie davon lebt, dass sie Metall sammelt und verkauft", sagt sie. Selman ist übrigens der "Liebling" der Soldaten.

"Es war schwierig, die Kunst in den Bunker zu bekommen. Wir mussten den zuständigen Politikern immer einen Schritt voraus sein", erzählt Sandra Hozic. Das Ehepaar wurde zunächst vom Europarat unterstützt, dann von der bosnischen Präsidentschaft, dann erst ging man ins Verteidigungsministerium.

Dante Buu thematisiert die Jugoslawische Volksarmee als "geschlossenen männlichen Raum". Sein Demonstrationsbanner "Bruder Du bist meine Schwester" spielt auf die heterosexuellen Normen an. "Bruder!" ("Brate!" ) ist übrigens im Sandzak, aus dem Dante Buu kommt, die Anrede zwischen Männern. Für Frauen gibt es kein vergleichbares Konzept. Ein verwandtes Thema nimmt Adela Jusic (*1988) auf. Sie sucht mittels einer raumergreifenden Schwarz-Weiß-Collage das Erbe der antifaschistischen jugoslawischen Frauen zu porträtieren.

Skelette mit Orden

Einige Künstler thematisieren die antizipierte Atomkatastrophe. Die Gruppe Stealth.unlimited hat Wasserkanister in einem Bad aufgehängt. Der Bunker hätte 350 Auserwählten im Fall einer nuklearen Katastrophe Unterschlupf bieten können. "Was tun mit den 20 Millionen anderen Leuten in Jugoslawien? Sollten die dann alle radioaktiv werden?", war die Ausgangsfrage des Künstlers.

Wild und lustig sind die Übermalungen des Briten Damian Le Bas, der großzügig rotmundige Gesichter über eine Balkan-Karte malt und sämtliche Orte auf der Karte mit Filzstift verbindet. Der Rom will damit "Networking Möglichkeiten für Gypsies" aufzeigen. Über die Balkanhalbinsel fliegen bei Le Bas auch rote Wagenräder, das Symbol der Roma. Darüber steht: "Gypsy Paradise". Le Bas zeigt Menschen, die versuchen, sich trotz der wechselnden Grenzen zu bewegen.

In Bosnien-Herzegowina, wo zwischen 1992 und 1995 100.000 Menschen getötet wurden, ist der Krieg präsent. Herausragend sind die in Neon leuchtenden Cartoon-Skelette von Edo Murtic, die Umhänge und Orden von Generälen tragen und wie aus Gräbern Fragen stellen. Ibro Hasanovic lässt zu Partisanenliedern Murmeln auf den Lautsprechern tanzen, die klingen wie Gewehrsalven.

Der Bau des Bunkers (1953 bis 1979) kostete 4,1 Mrd. Euro. Seit der Eröffnung 2011 haben 50.000 Personen die Biennale besucht. Geöffnet ist der Bunker am Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag. Man muss sich aber anmelden: bhbijenale@gmail.com. Dann öffnen die Soldaten die Tür. (Adelheid Wölfl, 10.6.2015)