Im Schach ist eine Pattstellung eine Situation, bei der keine Seite mehr gewinnen kann. Das beschreibt treffend den Stand der Verhandlungen für eine neue Betriebsvereinbarung für die Ärzte der Wiener Gemeindespitäler (KAV). Zum dritten Mal hat die Ärztekammer das Angebot von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely abgelehnt.

Wenn die Kammer am Zug ist, muss sie das Beste für ihre Klientel herausholen; das ist ihre Aufgabe. Dass sie aber verhandelt, Vereinbarungen trifft, diese ablehnt und neue, höhere Forderungen stellt, ist ungeschickt und befremdlich.

Zimperlich agiert Wehsely aber auch nicht. Sie spitzt bewusst zu, wenn sie die Geldfrage in den Vordergrund rückt und der Kammer Erpressungsversuche unterstellt. Natürlich kommt die Wahl im Herbst den Ärzten zugute, ein Streik ist das schlimmstmögliche Szenario für Wehsely.

Es ist ein Versagen auf beiden Seiten. Längst ist der Streit auf eine andere Ebene gehoben worden. Ärztekammer gegen Stadt Wien statt für Ärzte und Patienten. Doch die Streikabstimmung wird die Stimmung der Ärzte abbilden, und die ist schlecht. Denn auch wenn sich der KAV damit rühmt, die 48-Stunden-Woche in fast allen Bereichen umsetzen zu können: Davon merken die Ärzte wenig. Sie sind matt, berichten von gleicher Arbeit in weniger Zeit. Das frustriert. Von den ständig neuen Forderungen ihrer Kammer und von dem Herunterspielen der Situation durch Wehsely haben sie nichts. Der Patient bleibt das Bauernopfer. (Marie-Theres Egyed, 9.6.2015)