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Erstmals präsentierten Apple-Managerinnen Neuheiten: Susan Prescott (li.), Vice President of Product Marketing, und Jennifer Bailey (re.), Vice President of Internet Services, auf der Entwicklerkonferenz in San Francisco.

Fotos: AP/Jeff Chiu, REUTERS/Robert Galbraith

Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Soll ich wütend über die unverhohlene Häme oder fassungslos wegen der beißenden Ignoranz sein, die sich einstellt, wenn es um Gleichstellungsfragen geht. Die Reaktionen auf den Kommentar "Mehr Frauen auf die Keynote-Bühne!" von Birgit Riegler zeigen, wie verlogen die Diskussion im STANDARD-Forum geworden ist. Es wird über Frauen in der IT berichtet, die in der vordersten Reihe stehen und argumentiert, dass sie als Vorbilder benötigt werden. Allein dieser Kommentar, in dem zwei Frauen präsentiert wurden, löste einen Shitsstorm aus, der nicht zu erklären ist.

Nur die Leistung zählt

Ein gut formuliertes Posting von Poster thomasholzer zeigt, wie viel Energie in den Kreuzzug gegen das Gender gesteckt wird. Ich habe es ausgewählt, weil es gut und höflich argumentiert war. Es ist eines der besseren Postings.

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Das Posting hat nur oberflächlich mit dem Thema zu tun. In dem Kommentar findet sich keine Stelle, die gegen den Leistungsgedanken argumentiert. Der User verwendet andere Prämissen, die nicht Gegenstand dieses Textes sind. Es wäre müßig, diese Prämissen zu diskutieren. Stattdessen soll entlarvt und gezeigt werden, welche fundamentalistische Auffassung hinter dieser Aussage steckt.

"Nicht ein Manager, weil Manager, oder Müllarbeiter weil Müllarbeiter, sondern einzig und alleine weil Leistung erbracht wird." Wenn statt Geschlecht nun Beruf die Differenzkategorie wird, wird die Absurdität sehr deutlich. Es gibt zig andere Gründe warum ein Müllarbeiter weniger verdient als ein Manager. Leistung spielt nicht einmal die wichtigste Rolle. Ziel des Postings ist es schlicht, die Leistung der Frauen im Artikel von Birgit Riegler zu relativieren.

Wie Argumente nach Belieben gedreht werden

Es ist die Zwanghaftigkeit mit der nach Gegenargumenten und Widerlegungen gesucht wird, die an ideologischen Fundamentalismus erinnert. Auch ein Posting von "irgendein Postingname" zeigt, worum es geht:

In der Umfrage wird ausgeschlossen, dass sich Faktoren gegenseitig beeinflussen können. In einer Entweder-oder Entscheidung sind nur zwei von vielen möglichen Antworten wählbar. Interessant wird es aber erst im Abschlusssatz: "Role Model finden sich vielleicht im Verwandten- oder Bekanntenkreis, aber nicht auf einer Keynote."

Wenn man dem Ergebnis der suggestiven Forumsfrage Glauben schenken darf, gibt es keine Rollenvorbilder, auch nicht im engeren Umfeld. Implizierter Zusatz: keine weiblichen Role Models. Man sieht: Es geht nicht darum, Role Models in der Öffentlichkeit zu hinterfragen, sondern die Existenz von weiblichen Role Models abzustreiten. Einmal mit dem Argument, Interesse ist das wichtigste Entscheidungskriterium, das andere Mal mit dem Argument, dass es Role Models nur im privaten Umfeld gibt. Beide widersprechen sich, lassen sich aber gut als Vorwand nutzen. Sie widerlegen scheinbar, dass Frauen Rollenvorbilder sein können. Dieses "bitte-gebt-mir-Recht-Posting" will mit einer klug gewählten Frage Gleichstellungsbemühungen unterwandern.

Wege gegen den Fundamentalismus

Man kann dieses Verhalten schön reden: Als Ausformung der digitalen Kultur, als Herdentrieb, als psychologische Deprivation, Cultural Lag, usw. In Wirklichkeit bleibt ein nicht zu erklärender Rest: Diese Menschen sind Ignoranten. Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, keinen Millimeter von ihrer Position abzurücken.

Argumente sind wichtig, um die Postings zu brechen, die von haltlosen Unterstellungen bis zu genialen Widerlegungen alles beinhalten. Manchmal muss man sie entlarven, als das, was sie sind. Fundamentalistinnen und Fundamentalisten, denen kein Argument zu blöd ist, wenn es gegen ihr erklärtes Ziel geht.

Ich habe hier in ähnlicher Weise Argumente auf die Goldwaage gelegt und gegen ihren Willen interpretiert. Ich habe ihre Radikalität gegen sie angewendet und gezeigt, was ihr wahres Interesse ist. So, wie Fundamentalistinnen und Fundamentalisten den Kampf gegen die Gleichstellung führen. Hinterhältig, gehässig und verlogen. (M. Weichinger, 10.6.2015)