Wien - Der Arbeitsmarkt ist europaweit in Umbruch. Auch und gerade in Österreich nimmt die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stark zu. Und unter diesen befinden sich immer mehr Frauen. Das zeigt eine Auswertung der Statistik Austria. Demnach hat im ersten Quartal 2015 bereits fast jede zweite Frau Teilzeit gearbeitet.
Machte Anfang der 1990er-Jahre die Teilzeitquote bei Frauen rund ein Viertel aus, ist sie sukzessive auf 32,3 Prozent (2000), 43,8 Prozent (2010) und 46,9 Prozent (2014) gestiegen. Von Jänner bis März 2015 gab es mit 48 Prozent Teilzeitquote bei Frauen einen neuen Rekord. Im Gegensatz dazu ist der Anteil der Männer, die 30 Stunden oder weniger arbeiten, leicht von 11,4 Prozent auf 11,2 Prozent gesunken.
Das Teilzeitarbeit ein weltweites Phänomen ist, zeigen Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf. Insbesondere seit der Finanzkrise 2009 habe Teilzeitarbeit kräftig zugenommen. In den 86 von der ILO untersuchten Ländern gingen zuletzt 24 Prozent der Frauen und 12,4 Prozent der Männer einer Teilzeitbeschäftigung nach.
Nicht immer ist die Entscheidung von Frauen, Teilzeit zu arbeiten, freiwillig. Häufig sei es die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen, sagen Experten.
Dazu käme der Umstand, dass Kinderbetreuung und die Pflege der eigenen Eltern berufstätigen Frauen in der Regel unvergleichlich mehr zusetzten als berufstätigen Männern. Für viele Frauen seien reduzierte Arbeitszeitmodelle deshalb häufig die einzige Lösung. Der Umstieg von einem Teilzeit- auf einen Vollzeitjob sei mitunter schwer möglich. Der umgekehrte Weg - von Vollzeit in Teilzeit - sei um einiges leichter.
Ein Abtausch Teilzeit gegen Vollzeit ist vor allem im Handel zu beobachten - einer Branche, in der deutlich mehr Frauen als Männer beschäftigt sind. Im Berichtszeitraum zählte die Statistik Austria 25.100 mehr Teilzeit- und 25.500 weniger Vollzeitarbeitsplätze.
Die meisten Vollzeitjobs sind im Bereich "Herstellung von Waren" mit plus 35.700 entstanden. Die Zahl der Teilzeitjobs, die mit der Herstellung von Waren zu tun hat, ist im Jahresabstand um 10.800 zurückgegangen.
"Die Wirtschaft muss mehr Vollzeitarbeitsplätze für Frauen anbieten", forderte ÖGB-Vizepräsidentin Renate Anderl in einer Aussendung am Donnerstag. Parallel dazu müssten mehr ganztägige, leistbare Kinderbildungseinrichtungen geschaffen werden. (Günther Strobl, 11.6.2015)