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Der Schraubstock für Anleger wird enger gezogen. Weniger Zinsen und höhere Steuern sind eine ziemliche Herausforderung. Dazu kommt noch die Streichung von Begünstigungen.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Wien – Wenn Österreich in den letzten Jahren an der Steuerschraube drehte - und das war nicht selten der Fall –, blieben Anleger meist nicht verschont. Wertpapier- und Immobiliensteuer zählen zu den Erfindungen zur Befüllung leerer Staatskassen. Jetzt wird wieder zugelangt, um die allgemeine Tarifsenkung zumindest teilweise zu kompensieren. Doch die Erhöhung der Kapitalertragsteuer und der Immobiliensteuer oder die Streichung der Topf-Sonderausgaben könnten den ohnehin darbenden österreichischen Kapitalmarkt zusätzlich beeinträchtigen, meinen zahlreiche Experten.

Dieser sei in Österreich im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ohnehin schon schwach ausgeprägt, bemängelt Robert Ottel, Präsident des Aktienforums. Anstatt die Börse als Mittel zur Kapitalaufbringung zu fördern, passiere tendenziell das Gegenteil, meint Ottel, der hauptberuflich als Finanzvorstand der Voestalpine fungiert. Die Wiener Börse befürchtet auch negative Auswirkungen auf den Standort Österreich. "Eine funktionierende Volkswirtschaft benötigt die Bereitstellung von Risikokapital auch durch langfristige Investments privater Investoren", hieß es in einer Aussendung. Die Kammer der Rechtsanwälte bemängelt überdies, dass Eigenvorsorge konterkariert werde. Die Belastungen im Einzelnen:

KESt-Anhebung: Die Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf 27,5 Prozent trifft primär Anleihen, Dividenden und Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren, während die KESt auf Guthabenzinsen bei 25 Prozent bleibt. Umstritten ist nicht nur die Anhebung an sich, sondern auch die künftige Differenzierung, die Anleger wie Emittenten gleichermaßen trifft. In Zeiten schwieriger Kapitalaufnahme für Unternehmen wären Anleihen und Aktienbegebungen eine Alternative zur Finanzierung durch die Banken. Beide Varianten werden von der Regierung nun erschwert. Sie werden zudem im Vergleich zu Sparbuch und Bausparer benachteiligt. Und gerade in einem niedrigen Zinsumfeld komme einer geringen Steuerdifferenz "hohe Relevanz bei der Anlageentscheidung" zu, schreibt die Rechtsanwältekammer in ihrer Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf.

Eigenvorsorge bestraft

Sie macht auch darauf aufmerksam, dass die Maßnahmen die private Pensionsvorsorge in Bedrängnis bringen, weil dabei regelmäßig in Produkte investiert wird, für die die erhöhte KESt gilt. Die Kammer wörtlich: "Auch hier gilt, dass Eigenvorsorge belohnt, nicht bestraft werden sollte." In diese Kerbe schlägt auch das Aktienforum. "Wer sind denn diese bösen Investoren, die man stärker besteuert? Es sind Versicherungen und Pensionskassen, die die private Altersvorsorge des Durchschnittsösterreichers unterstützen."

Topf-Sonderausgaben: Ebenfalls als kapitalmarktfeindlich gilt die Streichung der Topf-Sonderausgaben, mit denen bisher private Ausgaben für zusätzliche Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungen oder Wohnraumschaffung gefördert wurden. Die Wirtschaftskammer meint, dass dieses Instrument "gerade für geringere Einkommensbezieher sehr attraktiv" gewesen sei. Die Abschaffung sei ein "falsches Signal für die private Alters- und Gesundheitsvorsorge als notwendige Ergänzung zum staatlichen Vorsorgesystem".

Die Maßnahme soll mittelfristig 400 Millionen Euro fürs Budget bringen. Derzeit können diese Sonderausgaben bei Jahreseinkünften bis zu 36.400 Euro mit bis zu 730 Euro im Jahr genutzt werden. Über dieser Verdienstschwelle schrumpft die Begünstigung schrittweise und verschwindet bei Einkünften von 60.000 Euro im Jahr. Bei einem Grenzsteuersatz von 42 Prozent macht die Einbuße 306,6 Euro aus, wenn die Sonderausgaben bisher voll genutzt wurden. Allerdings gibt es für bestehende Versicherungsverträge eine Übergangsfrist bis 2020. Solange kann der Steuervorteil noch genutzt werden.

Doppelmühle

Gerade bei Lebensversicherungen wird die Streichung der steuerlichen Förderung für lange Gesichter bei den Anlegern sorgen, deren Geduld ohnehin schon wegen der Niedrigzinsen strapaziert wird. Allerdings kann ein vorzeitiger Ausstieg mit hohen Kosten verbunden sein, warnen Konsumentenschützer. Die Versicherungen beteuern, dass dies nur bei einzelnen Anbietern stimme. Bei Lebensversicherungen als Pensionsvorsorgemodell orteten die Assekuranzen zum Teil sogar wieder steigende Nachfrage. Die Uniqa beispielsweise schließt seit Jänner nur noch Verträge ohne Garantiezins ab.

Immobiliensteuer: Ebenfalls für viele Anleger relevant ist die Anhebung der Immobilienertragsteuer auf Gewinne aus dem Verkauf von 25 auf 30 Prozent. Hier sehen Experten auch mögliche Konflikte mit den Vertrauensschutz, da die höhere Abgabe auch schon vor langem erworbene, geerbte oder selbst errichtete Objekte trifft. Dass der Inflationsabschlag gestrichen wird, führt nach Ansicht der Rechtsanwälte dazu, dass nicht nur der Vermögenszuwachs, sondern die Substanz besteuert wird.

Die Wirtschaftskammer hat anhand eines Beispiels vorgerechnet, dass die Immobilienertragsteuer bei einer nach 20 Jahren um 450.000 Euro verkauften Wohnung um ein Drittel höher ausfallen wird. Die Arbeitgebervertretung warnt, dass sich die damit verbundenen Preissteigerungen "natürlich auch bei Mieten niederschlagen werden".(Andreas Schnauder, 12.6.2015)