Unter dem Motto "Gutes Essen und liebe Leute" betreiben Florian Ritt und Jakob Zitterbart die Kantine im Wiener Schafbergbad und im Strandbad Alte Donau.

Foto: Christian Benesch

Ein Hauch von altem Frittierfett, Tische, auf denen die Ketchupreste der letzten Woche kleben und ein Mitarbeiter, dessen T-Shirt seine besten Tage bereits längst hinter sich hat. Der erste Eindruck entscheidet – auch im Bäderbuffet. Und das ist gut so. Ein zweites Mal möchte man meistens ohnehin nicht hinschauen.

Viele Betreiber von Freibadkantinen bleiben lieber bei Altbewährtem, sind betriebsblind oder lassen sich aufgrund der hohen Gewinnspannen bei der Verwendung von Convenience Food nicht dazu hinreißen, das Schnitzel selbst durch die Panier zu ziehen. Schade, bedarf es doch keiner großen Anstrengung, aus einer lieblosen Frittenbude ein nettes Bäderbuffet zu machen.

Licht am Ende des Tunnels

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen – auch im Freibad. Junge und ambitionierte Gastronomen wollen jetzt mit alten Klischees brechen und zeigen, dass Bäderkantinen mehr können, als Langos und Schnitzelsemmel. Wie wärs mit veganem Eintopf und hausgemachter Limonade? Mit diesen und anderen – für ein Freibad ungewöhnlichen – Angeboten schwimmen die jungen Gastronomen Florian Ritt und Jakob Zitterbart lieber gegen als mit dem Strom.

Vergangenes Jahr haben die beiden Quereinsteiger die Kantine im Wiener Strandbad Alte Donau übernommen und sich der Bewirtung von Menschen in Badeshorts und Bikini verschrieben. Neben hausgemachten Burgern und veganen Gerichten bieten die beiden Kuchen von Ritt’s burgenländischer Großmutter und ein Spaghetti Sugo an, das eigens mit dem Team von Starkoch Jamie Oliver entwickelt wurde. Dass man es nicht jedem Recht machen kann, muss man den beiden Unternehmern, die lange Zeit im Marketing gearbeitet haben, nicht erklären. "Die Badegäste sind oft sehr direkt. Das ist zwar manchmal hart, aber nur so können wir uns verbessern", ist sich Zitterbart sicher.

In diesem Freibad-Buffet mit 70er Jahre Charme kommt es vor allem auf die inneren Werte an.
Foto: Christian Benesch

Pulled Pork im Freibad

Das kann auch Marcus Krapfenbauer bestätigen, der mit einem ähnlichen Konzept das Restaurant im Schönbrunner Bad übernommen hat und damit neue Maßstäbe in der Wiener Bädergastronomie setzen will. "Das neue Angebot wird gut angenommen. Es gibt eine kleine Gruppe an skeptischen Stammgästen – für die mache ich dann eben mal einen Schweinsbraten", schmunzelt er.

Der studierte Betriebswirt ist überzeugt davon, dass man auch im Freibad gutes Essen anbieten kann und ergänzt: "Ich gebe lieber mehr Geld für Produkte aus und kann mein Essen mit gutem Gewissen verkaufen". Und dafür investiert Krapfenbauer auch einiges an Zeit und Energie in seine Speisen. Das über Stunden im Ofen gegarte Fleisch für das Pulled Pork hat er ebenso im Angebot wie Fish & Chips nach österreichischer Art. Für den Gastronomen ist es wichtig, dass seine Gäste sich wie im Urlaub fühlen – da darf man bei Essen und Trinken keine Abstriche machen.

Naturbad mit natürlichem Essen

Abseits des Wiener Freibad-Charmes mit Chlorbecken und Bademeister samt Goldketterl versucht im Burgenland ein Gastronom gehobene Küche mit regionalen Produkten an den Badegast zu bringen. In der idyllischen Kulisse des Naturbades Bernstein verwöhnt Thomas Diezl in seiner Kantine 48 Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten. Bevor der Gastronom das Restaurant im Südburgenland gepachtet hat, tobte er sich in einer Naber-Kaffee-Filiale in Wien aus, die er zu einer Retro-Weinbar umgebaut hat.

Gekannt hatte er das Naturbad Bernstein schon länger. "Das einzige was an diesem wunderschönen Ort noch fehlte, war gutes Essen. Dieser Aufgabe wollten wir uns stellen", so Diezl und meint damit sich und seine Frau, die ihn tatkräftig unterstützt. Angst, dass sein neues Konzept nicht ankommt, hat der Unternehmer nicht: "Das Naturbad Bernstein war nicht sehr bekannt und auch nicht stark frequentiert. Somit konnte ich auch nicht viele Gäste mit meinem Konzept vergraulen. Alle, die jetzt zu uns kommen, wissen, was sie erwartet."

Und was erwartet sie? Meeresfrüchte und selbst gebackenes Brot zum Beispiel. Abgerundet werden die Speisen mit – zum Teil biodynamischen – Topweinen und einem herrlichen Blick auf den Naturbadeteich von Bernstein. Für Kinder und solche, die es gerne noch wären, gibt es selbst gemachten Hollersaft. "Pommes in die Fritteuse zu werfen ist wenig Arbeit und kostet auch nicht so viel. Wir kochen alles frisch und kaufen täglich ein. Das ist natürlich auch ein Risiko", ist sich Diezl bewusst.

Keine Umerziehung

Ganz ohne Fritten geht es aber auch nicht, ist Zitterbart überzeugt und denkt nicht daran, Klassiker aus Kindertagen von der Karte zu streichen: "Wir wollen die Gäste nicht umerziehen, sondern ihnen eine Alternative zum gewohnten Freibadessen bieten. Zu einem Tag im Bad gehören Pommes und Langos einfach dazu. Beides gibt es auch bei uns."

Dass es sich dabei um nicht industriell hergestellte Natural Fries handelt und jedes Langos handgemacht ist, versteht sich irgendwie von selbst, wenn man sich das Konzept der beiden umtriebigen Unternehmer ansieht.

Ketchup und Saucen so viel man will. "Wir vertrauen unseren Gästen", so Florian Ritt.
Foto: Valentin Wanker

Doch warum gibt man seinen sicheren Job auf und pachtet eine Kantine in einem Gemeindebad? "Wir haben beide immer im Büro gearbeitet und wollten was anderes machen. Auf einmal waren wir jeden Tag im Freibad. Das ist schon sehr viel besser als am Schreibtisch zu sitzen", so Zitterbart. Entgegen dem Rat vieler Branchenkollegen ziehen die beiden ihr Konzept rigoros durch. Und der Erfolg gibt ihnen Recht, haben sie doch dieses Jahr mit dem Wiener Schafbergbad ein zweites Restaurant dazu bekommen.

In dem Freibad, das seit den 70er Jahren von der Stadt Wien betrieben wird, soll nun kulinarisch ebenso ein anderer Wind wehen, wie bei dessen kleiner Schwester im Strandbad Alte Donau. "Wir werden keinen Strandclub à la Nikki Beach aus dieser Kantine machen. Wir wollen einfach, dass sich die Gäste wohlfühlen", sagt Ritt.

Mit ihrer Marke "Spaß im Bad" kämpfen die Kantinenbetreiber für mehr Qualität und besseren Service im Freibad-Buffet – dabei legen sie selbst größten Wert darauf, dass der Gast im Mittelpunkt steht. Ist das der Beginn der Freibadkantinen-Revolution? Nachahmer sind herzlich willkommen. (Alex Stranig, 13.6.2015)