Fünf Meter über dem Boden pfeifen riesige, bis zu 35 Meter lange Stahlbetonträger durch den Raum.

Foto: querkraft architekten / Lisa Rastl

"Wir möchten uns breiter aufstellen und einen vielfach nutzbaren Raum zur Verfügung stellen, in dem Kultur stattfinden kann."

Foto: querkraft architekten / Lisa Rastl
Foto: querkraft architekten / Lisa Rastl

Rauchen strengstens verboten. Kunst duldet keinen Qualm. Doch die Nasenhärchen sind ein wenig irritiert angerüchs der hier vorgefundenen Tabakkonzentration. Über das gesamte Museum legt sich ein betörender Schleier von kubanischem Zigarrenrauch. Herbert Liaunig ist zugegen. Er sitzt im Foyer und genießt den geißelnden Sonnenschein an diesem frühsommerlichen Nachmittag auf seine Art und Weise. "Mit dem Essen kommt der Appetit", sagt Liaunig. "Die Sammlung wurde immer größer und größer, und so war es unausweichlich, dass das Museum eines Tages erweitert werden musste."

Vor rund einem Monat ging das nunmehr von 5000 auf 7500 Quadratmeter vergrößerte, unterirdische Privatmuseum in Neuhaus/Suha in Betrieb. Wo sich früher Käfer und Regenwürmer durch das Erdreich fraßen, hängen nun Aquarelle und Ölgemälde des irischen Malers Sean Scully. Mit seinen pastosen, schwarz-weiß-grauen und gedeckt bunten Streifen und Balken, die er auf die Leinwand bannt, bringt er Farbe in den Raum. "Weltaneignung" nennt Scully diese Verschmelzung von Licht und Melancholie.

Mit dem dreieckigen Raum, der gleich neben dem Foyer abzweigt, hat Liaunig nun erstmals auch eine Bühne für Leihgaben und Wechselausstellungen - und für Lesungen, Konzerte, diverse Veranstaltungen welchen Formats auch immer. "Wir möchten uns jetzt etwas breiter aufstellen und einen vielfach nutzbaren Raum zur Verfügung stellen, in dem Kultur stattfinden kann", so Liaunig. Die Akustik ist wunderbar. Wenn hier eines Tages Peter Handke aus einem seiner Bücher lesen werde, so der Plan, dann wird er dies ohne Verstärkung tun können.

Materielle Abspeckungskur

Fünf Meter über dem Boden pfeifen riesige, bis zu 35 Meter lange Stahlbetonträger durch den Raum. Ein bisschen erinnert diese rohe, unverblümte Megastruktur an der Drau an die Bauten von Peter Eisenman, Louis Kahn, Le Corbusier. "Wir wollten den Raum nackt und unverkleidet belassen", sagt Jakob Dunkl von querkraft architekten. "Damit kommt der archaische Charakter dieses Gebäudes, das ja fast zur Gänze in der Erde drinsteckt, besser zur Geltung. Es gibt keinen Unterschied zwischen Rohbau und fertigem Haus." Hält kurz inne. Und dann, druckreif: "Kein Gramm Fett."

Die materielle Abspeckungskur hat nicht nur räumliche und gestalterische Gründe, sondern ist nicht zuletzt dem Portemonnaie geschuldet. Der Unternehmer und Kunstsammler Liaunig ist keiner, der sich allzu oft in seinen Spendierhosen zeigt. Und so verwundert es nicht, dass die Nettobaukosten für den Erweiterungsbau mit 1500 Euro pro Quadratmeter keinen Cent über dem ursprünglichen, 2008 errichteten Urmuseum liegen durften. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 5,5 Millionen Euro.

Warum bloß drei Ecken?

Doch warum bloß drei Ecken? "Wir waren zu Beginn auch ein wenig skeptisch", meint Dunkl. Dreieckige Ausstellungsräume seien nicht gerade alltäglich im Museumsbau. "Allerdings hat ein Dreieck bei gleich bleibender Fläche unter den einfachen euklidischen Grundformen den größten Umfang. So gesehen kann man bei gleich bleibenden Baukosten mehr Bilder an die Wand hängen." Das hat den Hausherrn überzeugt.

Ortswechsel. Etwas weiter drin im Berg. Über einen mehr als 50 Meter langen Korridor gelangt man in die neue Glas- und Miniatursammlung. Rampen gehen auf und ab, man verliert nicht nur die Orientierung im Raum, sondern auch das Gefühl für die bereits zurückgelegten Höhenschichtlinien. Die Installation der österreichischen Künstlerin Esther Stocker, die den Gang an Boden, Wand und Decke schwarz-weiß gepixelt hat, tut ein Übriges. Umso ernüchternder sind dann die beiden Ausstellungsräume mit Teppichboden und Vitrinen, in denen Glasarbeiten und im Millimeterbereich aquarellierte Porträts aus dem Zeitraum von 1500 bis 1800 präsentiert werden.

Ein Highlight ist dafür die Skulpturenhalle nebenan. Der kreisrunde, archaisch betonierte Raum, der bereits 2011 errichtet wurde, diente bis zuletzt als Lagerraum für Plastiken und Landmaschinen und Traktoren. Heute ist der einstige Abstellraum, dessen Geometrie und Bauweise traditionellen Gärungsbehältern nachempfunden ist und der sich an der Oberfläche wie ein überdimensionaler Maulwurfshügel durch den Grasteppich wölbt, öffentlich zugänglich.

Fünf Sekunden Nachhallzeit

Zeitgenössische Figuren stehen frei im Raum. Fast pantheongleich strömt von oben das Licht in den Behälter. "Später einmal", sagt Haustechniker Reinhold Jamer, er kennt das Haus in- und auswendig, "sollen hier Konzerte und Gesangsabende aufgeführt werden. Das wird wirklich dramatisch werden, darauf freue ich mich schon." Fünf Sekunden beträgt die Nachhallzeit. Sakrale Dimensionen tun sich da auf. Im Dezember 2012 wurde das Museum Liaunig, nur vier Jahre nach Fertigstellung, als jüngstes österreichisches Objekt aller Zeiten unter Denkmalschutz gestellt. Die Gründe dafür mögen vielfältig gewesen sein. Als seine persönliche Motivation jedoch nennt Hausherr Liaunig den Schutz des Hauses über seinen Tod hinaus: "Nachdem Günther Domenig gestorben ist, war meine größte Befürchtung, dass das von ihm geplante Steinhaus am Ossiacher See in Vergessenheit geraten könnte. Das wäre schade gewesen. Der Denkmalschutz ist eine gewisse Gewähr, dass das nicht passiert."

Schon jetzt wachte das Bundesdenkmalamt mit Argusaugen über das Erweiterungsprojekt der mit dem Projekt wohl bestens vertraut gewesenen Haus- und Hofarchitekten querkraft. Weitere Zubauten werden nur unter größter Anstrengung möglich sein. "Das wird nicht nötig sein", sagt der Zigarre paffende Kunstsammler. "Das Museum ist jetzt groß genug." Nächstes Jahr soll der in die Landschaft eingelassene Skulpturengarten eröffnet werden. Die Baustelle hat bereits begonnen. Damit wird das Werk Liaunig abgeschlossen sein. (Wojciech Czaja, 14.6.2015)