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Tausende feierten am Samstag am San-Jaume-Platz in Barcelona die neue Bürgermeisterin Ada Colau.

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Die Aktivistin Colau von der Bürgerliste Barcelona en Comú löst Xavier Trias von den katalanischen Nationalisten in Barcelona ab.

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Die pensionierte Richterin Manuela Carmena übernimmt zugleich das Bürgermeisteramt in Madrid.

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Am Samstag glichen sich die Bilder in Spanien überall: Tausende Menschen versammelten sich vor den Rathäusern. Kaum war die Abstimmung über das Bürgermeisteramt beendet, brach Jubel aus. Die frisch gewählten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen traten auf die Straße und wurden gefeiert. "Sie vertreten uns", lautete einer der Parolen in Anlehnung an jenes "Sie vertreten uns nicht" der Empörten, als diese vor vier Jahren überall im Lande die Plätze aus Protest gegen Korruption und verknöchertes Zweiparteiensystem besetzten.

Madrid, eine der korruptesten Städte Spaniens, wird künftig von der ehemaligen Richterin Manuela Carmena regiert. In Barcelona, einer der Städte mit den höchsten Zahlen an Zwangsräumungen säumiger Wohnungseigner, sitzt mit Ada Colau eine Aktivistin gegen eben diese Räumungen im Bürgermeisteramt. Und in Valencia, Hauptstadt einer Region, wo die Küste wie sonst kaum irgendwo am Mittelmeer zugebaut wurde, nimmt ein Ökologist die Geschicke der Stadt in die Hand. Am Samstag traten überall im Land die am 24. Mai gewählten Gemeinderäte zusammen. Sie wählten die Stadtregierungen und vollzogen so den Wandel, den die Urnengänge erbracht hatten.

Verlust für Rajoys PP

In fünf der zehn größten Städte Spaniens – Madrid, Barcelona, Zaragoza, Cádiz, A Coruña – regieren erst kürzlich entstandene Bürgerlisten unter Beteiligung der neuen Protestpartei Podemos. Die noch in Spanien regierende Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy wird künftig mit Málaga und Murcia nur noch zwei der zehn größten Städte halten. Sevilla und Las Palmas gehen an die Sozialisten, dank der Unterstützung durch die dortigen Bürgerlisten.

"Wir werden zuhören beim Regieren", versprach die neue Bürgermeisterin Madrids, die 71-jährige pensionierte Richterin Manuela Carmena. Ihre Liste Ahora Madrid (Jetzt Madrid) erreichte mit Unterstützung der kleinen sozialistischen Fraktion die Mehrheit im Stadtrat. Nur eine Stunde nach ihrer Amtseinführung wurden bereits die Senkung der Gehälter für die Mitglieder der Stadtregierung und die Angehörigen der Fraktion von Ahora Madrid, die Einrichtung eines Büros zur Untersuchung und Bekämpfung der Korruption, sowie Schulspeisung dreimal täglich für alle bedürftigen Kinder zwischen drei und 13 Jahren beschlossen.

Thema Zwangsräumungen

Außerdem will Carmena künftig bei Zwangsräumungen von Wohnungen vermittelnd eingreifen und - falls das nicht hilft - Sozialwohnungen für die Betroffenen zur Verfügung stellen. Wenige Tage nach der Wahl am 24. Mai traf sich Carmena bereits mit den zuständigen Richtern sowie mit Vertretern der aus der hauptstädtischen Sparkasse hervorgegangenen Bankia. Carmena will "im Dienste der Bürger" regieren und damit "all diejenigen gewinnen, die uns nicht gewählt haben".

Neue Bürgermeisterin von Spaniens zweitgrößter Stadt Barcelona ist die 41-jährige Aktivistin Ada Colau. Sie wurde mit den Stimmen ihrer Bürgerliste Barcelona en Comú (Barcelona gemeinsam) und mehreren linken Parteien ins Bürgermeisteramt gewählt. Colau versprach am Samstag in der bisher von den konservativen katalanischen Nationalisten von CiU regierten Stadt, "unter die Teppiche zu schauen".

Auch in Barcelona steht das Thema Zwangsräumungen ganz oben. Neben weiteren sozialpolitischen Maßnahmen will Colau neue Unternehmen fördern sowie die Privatisierung im öffentlichen Dienst rückgängig machen. "Werft uns hinaus, wenn wir nicht machen, was wir versprochen haben", richtete sich eine sichtlich gerührte Colau in der Antrittsrede an ihre Wähler. (Reiner Wandler aus Madrid, 14.6.2015)