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Außenminister Sebastian Kurz (rechts) mit seinem ukrainischen Amtskollegen Pavlo Klimkin (links) und dem Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger am Dienstag.

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Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bei einem Besuch an der Front. Kiew wünscht sich schon länger Waffenlieferungen aus den USA. Bisher hat Washington gezögert.

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Wien – Der Veranstaltungsort war schnell gefunden: "Als wir vor zwölf Monaten begonnen haben, diese Konferenz zu planen, war klar, dass sie diesmal im Zentrum Europas stattfinden muss." Denn dort sei man zu lange einer Illusion angehangen, sagte Wolfgang Ischinger, der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), zu Beginn des "Core Group Meetings" der MSC am Dienstag in Wien – "der Illusion, dass Europa immun sein würde, vor Krisen, wie es sie anderswo gab".

Der Konflikt in der Ukraine habe das Gegenteil bewiesen – und daher soll er auch im Zentrum des Treffens von 60 Spitzenpolitikern und Entscheidungsträgern, zum größten Teil aus den EU-Staaten, Mittel- und Osteuropa und Russland, stehen, die am Dienstag und Mittwoch im Wiener Palais Liechtenstein über Krieg und Frieden diskutieren.

Konkret sollte es nicht nur um die Suche nach einer Lösung in der aktuellen Krise gehen, sondern auch um ein besseres Verhältnis zu Russland. Angesichts des neuerlichen Aufflammens schwerer Kämpfe in der Ostukraine gewann aber auch das Titelthema an neuer Brisanz: die Debatte, wie Europa seine gemeinsame Sicherheitsarchitektur weiter stärken könne. "Sie schwankt, aber sie steht noch", befand Österreichs Außenminister Sebastian Kurz – um sie nicht einstürzen zu lassen, müsse neues Vertrauen zwischen Moskau und Europa gefunden werden. Das sah sein ukrainischer Amtskollege Pawlo Klimkin anders: "Ich persönlich glaube nicht an Vertrauen". Angesichts des russischen Verhaltens sei es vor allem wichtig, selbstbewusst aufzutreten, und sich glaubhaft gegenseitig des Beistands zu versichern.

Vertrauen in Verbündete

Das wollen auch die USA, deren Regierung dafür eintritt, die Kosten des Konflikts für Russland zu erhöhen, wie es am Dienstag hieß. Dabei geht es naturgemäß auch darum, dass Kiew eine bessere Verteidigung bekommt – dafür möchte man mehr tun.

Bisher haben die USA dies indirekt versucht. Die Pläne, schwerere Waffen im Baltikum und in weiteren Staaten im östlichen Europa zu stationieren, sorgten am Rande der Konferenz für heftige Diskussionen. Aber auch über direkte Unterstützung wird nun wieder gesprochen – also Waffenlieferungen der Amerikaner für die ukrainische Armee, wie sie Kiew und amerikanische Hardliner seit Monaten fordern, was die meisten EU-Staaten aber skeptisch sahen.

Bei der Nato hieß es am Dienstag dazu, es sei Angelegenheit der USA, ob diese schwere Waffen an Kiew liefern wollen. Jedenfalls sei klar: Die Ukraine habe als souveräner Staat das Recht, sich selbst zu verteidigen. In Washington selbst läuft weiter die politische Debatte dazu, ob die Ukraine aufgerüstet werden soll. Im Senat liegt ein Gesetzesentwurf vor.

Am Nachmittag wurde aber auch darüber diskutiert, wie es die Ukraine nach der aktuellen Krise schaffen solle, auf die Beine zu kommen, und die hartnäckigen Probleme in der Wirtschaft, in der Verwaltung und mit der Korruption in den Griff zu bekommen. Denn nur dann, so hieß es, könne sie etwa auch als Vorbild für Russland wirken. Angereist war für die Besprechungen an beiden Tagen neben Klimkin, Russlands Vizeaußenminister Alexej Meschkow und dem serbischen Außenminister und OSZE-Vorsitzenden Ivica Dacic auch Starinvestor George Soros, der Vorsitzende der Open Society Foundation.

Unabhängiger Vermittler

Später am Abend wurde dann konkreter darüber diskutiert, wie trotz der Gegensätze das Verhältnis zwischen den USA, Europa und Russland wieder repariert werden könne. Ein wichtiges Instrument dazu soll auch weiterhin die OSZE bleiben, die in der Ukraine-Krise zu neuer Bedeutung gelangt ist – und deren Berichte von den Beobachtungsmissionen im ostukrainischen Konfliktgebiet von allen Seiten weitgehend akzeptiert werden, wie auch Kurz am Dienstag wieder betonte.

Wie die OSZE künftig gestärkt und besser in Bemühungen um Frieden eingebunden werden kann, soll am Mittwoch erläutert werden. Ein Team hochrangiger Experten aus allen wichtigen OSZE-Regionen, das von Ischinger geleitet wird, hat dazu einen Bericht erarbeitet, dessen Zwischenergebnisse am Vormittag vorgelegt werden sollten. (Christoph Prantner, Manuel Escher, 16.6.2015)