Den größten Eindruck wird im dänischen Wahlkampf wohl das Plakat des parteilosen John Erik Wagner hinterlassen: Mit dem Wahlspruch "Stimmt für Wagner, das bringt was" posiert er nur mit Cowboyhut und Pistolenhalfter – unverpixelten Penis inklusive. Aber um den chancenlosen Kandidaten wird es am Donnerstag wohl kaum gehen, denn das Rennen zwischen den rivalisierenden politischen Blöcken wird knapp: Jüngste Umfragen sehen den Mitte-links-Block von Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt fast gleichauf mit dem Mitte-rechts-Block unter Führung ihres Vorgängers Lars Løkke Rasmussen.

Hinter der Sozialdemokratin Thorning-Schmidt, die Ende Mai Neuwahlen ausrief, stehen neben ihrer eigenen Partei die sozialliberale Radikale Venstre, die Sozialistische Volkspartei, die linke Einheitsliste sowie die erst vor kurzem gegründete grün-populistische Alternative. Rasmussen wird zugleich von seiner rechtsliberalen Venstre, der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, der bürgerlichen Liberalen Allianz und der Konservativen Volkspartei unterstützt. Auch die Christdemokraten stehen auf der Seite des "blauen Blocks", ihre Chancen auf den Einzug ins Parlament sind aber gering.

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Grafik: APA

Der für Dänemark typische Lagerwahlkampf war von den Themen Asyl und Zuwanderung dominiert – angetrieben vor allem durch die Dänische Volkspartei: "Wir wollen keine Flüchtlinge mehr in Dänemark, überhaupt keine", sagte Martin Henriksen, der integrationspolitische Sprecher der Partei. Im Wahlkampf versprach sie den Einwohnern eines Kopenhagener Vororts unter anderem eine Karte, auf der sie sehen könnten, wie weit entfernt der nächste Flüchtling wohnt.

In den Umfragen liegt die Partei unter Führung von Kristian Thulesen Dahl bei etwa 20 Prozent, bei den Wahlen 2011 lagen sie bei 12,3 Prozent. Eine Regierungsbeteiligung schließen sie aber aus: Selbst wenn die Rechtspopulisten besser als Venstre abschneiden, wollen sie Rasmussen als Premier unterstützen.

Aber auch auch aus dessen rechtsliberaler Partei kamen radikalere Töne zum Thema Asylpolitik: Gefordert wurden etwa geringere Sozialleistungen für Ausländer und permanente Aufenthaltsgenehmigungen nur noch für jene, die arbeiten und Dänisch sprechen.

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Der Chef der Dänischen Volkspartei, Kristian Thulesen Dahl, zeigt sich siegessicher.
Foto: REUTERS/Claus Fisker

Ministerpräsidentin Thorning-Schmidt wird vorgeworfen, unter ihrer Regierung seien Flüchtlinge in Massen ins Land geströmt – fast 14.700 sind im vergangenen Jahr nach Dänemark gekommen und damit etwa doppelt so viele wie im Vorjahr, klagt Rasmussen. Damit liegt Dänemark mit 26 Flüchtlingen pro 10.000 Einwohner zwar auf Rang fünf der EU-Länder, die pro Kopf die meisten Flüchtlinge aufnehmen, aber immer noch weit hinter Ländern wie Schweden, wo 2014 auf 10.000 Einwohner 84 Flüchtlinge kamen.

Thorning-Schmidt hatte bereits vor Beginn des Wahlkampfs versucht, Angriffen beim Thema Asylpolitik den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie Forderungen der Rechtspopulisten zum Teil übernahm: "Wenn du nach Dänemark kommst, musst du arbeiten", verkündete eine Plakatkampagne. Zudem erschwerte ihre Regierung die Familienzusammenführung von Flüchtlingen im vergangenen Jahr.

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Premierministerin Helle Thorning-Schmidt von der Sozialdemokratischen Partei und ihr Herausforderer und Vorgänger Lars Løkke Rasmussen von der rechtsliberalen Venstre (rechts).
EPA

Während des Wahlkampfs versuchte Thorning-Schmidt den Fokus vor allem auf die Wirtschaft zu lenken. "Dänemark geht es besser als 2011. Wir sind heraus aus der Krise", konnte sie Ende Mai verkünden. Kurz darauf rief sie Neuwahlen aus. Mithilfe nunmehr positiver Wirtschaftsdaten gelang es ihr, in den Umfragen zuzulegen.

Neue Partei Alternative

Chancen auf den Einzug werden der erst 2013 gegründeten Alternative prognostiziert. Parteigründer Uffe Elbaek wurde nach einem Skandal um angebliche Begünstigungen einer Institution, die er früher geleitet hatte, 2012 von den Sozialliberalen ausgeschlossen und musste sein Amt als Kulturminister in der Regierung unter Thorning-Schmidt zurücklegen. Kurz darauf gründete er seine eigene Partei.

Vor allem linke und grüne Forderungen prägen das Wahlprogramm der Alternative: kostenlose öffentliche Verkehrsmittel, 100-prozentige Bio-Fleischproduktion in Dänemark, eine 30-Stunden-Woche und Start-up-Förderungen für Arbeitslose.

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Uffe Elbaek (links) will mit seiner Alternative ins dänische Parlament einziehen.
Foto: REUTERS/Henning Bagger

Wegen des knappen Ausgangs, der erwartet wird, könnte die links-grüne Alternative das Zünglein an der Waage sein, das dem Mitte-links-Block von Premierministerin Thorning-Schmidt die Mehrheit verschafft. (Noura Maan, 18.6.2015)