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Ein Separatist in der Ostukraine. Russland wird bezichtigt, die Rebellen zu unterstützen und damit die Ukraine zu destabilisieren.

Foto: AP/Chernov

STANDARD: Russland wird beschuldigt, internationales Recht eklatant zu brechen und unverhohlen über die Faktenlage in der Ostukraine zu lügen. Was entgegnen Sie?

Meschkow: Es gibt zwei Seiten der Medaille. Russland war und ist einer der aktivsten Spieler, wenn es darum geht, die Ukraine wieder zur Normalität zurückzubringen. Wir sind Mitglied der Normandie-Verhandlungsrunde (Russland, Deutschland, Frankreich sowie die Ukraine, Anm.), wir haben das Minsker Abkommen unterzeichnet und implementieren dieses auch voll. Worüber wir sprechen sollten, ist Propaganda. In unserem Fall bedeutet das: Was immer wir sagen, es wird gegen uns verwendet. Deshalb sind wir unglücklicherweise auch an solche Anschuldigungen gewöhnt.

STANDARD: Die westlichen Staaten bezichtigen aber doch vielmehr Moskau, Propaganda zu machen. Vor allem wenn es um die Geschehnisse in der Ostukraine geht.

Meschkow: Wir fordern Sie, die europäische und amerikanische Presse auf, doch die online veröffentlichten Recherchen russischer Journalisten über den Donbass nachzusehen. Sie sollten die gleiche Berichterstattung über die Sachlage auf der anderen Seite der Trennlinie haben.

STANDARD: Sie haben das Format der Verhandlungen erwähnt. Die Amerikaner sind weder bei der Normandie-Runde dabei noch bei der Ukraine-Kontaktgruppe (Russland, die Ukraine und die OSZE, Anm.). Wäre es hilfreich, wenn die USA dort mit am Tisch säßen?

Meschkow: Es ist sehr schwierig, die Spielregeln zu ändern, wenn das Spiel schon gespielt wird. Der Prozess ist sehr delikat, das ist allen klar. Es geht nicht um formale Präsenz oder Nicht-Präsenz der Amerikaner. Wir haben unsere Dialogkanäle über dieses Thema mit ihnen. Und die USA selbst konsultieren mit Sicherheit Deutschland, Frankreich und die Ukraine. Natürlich sind die Amerikaner in die Lösung dieses Konfliktes eingebunden, aber es geht dabei nicht um Formalitäten.

STANDARD: Es gibt Vorschläge über eine Friedenstruppe, die die Konfliktparteien in der Ukraine auseinanderhalten soll. Wäre das eine annehmbare Lösung der Krise für die russische Seite?

Meschkow: Wir haben derzeit eine Mission der OSZE dort, die funktioniert. Zuletzt haben wir diese robuster ausgestattet. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass sie ihre Aufgabe zur Gänze erfüllen kann – inklusive Verifizierung, Drohnen, Satellitenfotos, und so weiter. Wir müssen das nutzen, was wir heute zur Hand haben.

STANDARD: Einige Analysten glauben, Moskau warte eine neue US-Regierung ab, um einen Neustart in den Beziehungen vorzunehmen. Was halten Sie davon, stimmen Sie zu?

Meschkow: Die jetzige US-Regierung hat noch eineinhalb Jahre vor sich. Europa, die Welt und Russland können sicher nicht so lange warten. Wir sind bereit, mit jeder US-Regierung zu sprechen, wer immer das ist.

STANDARD: Wie wäre es, wenn diesmal Herr Lawrow einen roten Restart-Knopf nach Washington bringen würde, um aus dieser Krise herauszukommen?

Meschkow: (lacht) Es gibt ein russisches Problem: Wir kopieren niemanden! (Christoph Prantner, 18.6.2015)