Diskutierten über Bezahlsysteme (von links): Kelly Leach (Piano Media), Moderator Toni Piqué, Duco van Lanschot (Blendle), Nikolay Malyarov (Pressreader).

Foto: Föderl-Schmid

Eigentlich sind sie Konkurrenten, beim Global Editors Forum in Barcelona saßen sie am Mittwochnachmittag aber einträchtig nebeneinander: Die Anbieter der Bezahldienste Piano Media, Blendle und Pressreader, bei denen man einzelne Artikel kaufen kann. "Ich verstehe nicht, warum Verleger so zurückhaltend sind. Es gibt nicht viel zu verlieren, nur zu gewinnen", sagte Kelly Leach, Chefin des in der Slowakei gegründeten Unternehmens Piano Media. Duco van Lanschot, bei Blendle für internationale Aktivitäten zuständig, schilderte die Skepsis in den Niederlanden: "Alle Verleger hatten Angst vor Kannibalismus und haben nur ein Einjahresabo abgeschlossen." Inzwischen hätten aber alle ihre Verträge mit Blendle verlängert und verzeichneten teilweise, wie die "Volkskrant", steigende Abozahlen.

Trafik im Digi-Zeitalter

Pressreader arbeitet viel mit Unternehmen zusammen wie der Fluglinie Qantas und dem Taxianbieter Uber, berichtete deren Chef Nikolay Malyarov. Sein Rat an die Verleger: "Die Möglichkeit, einzelne Artikel zu beziehen, erhöht die Möglichkeit, im digitalen Zeitalter überhaupt entdeckt zu werden." Diese Angebote seien das, was früher die Trafik geboten habe. Pressreader bringe gebündelt Artikel zu Lesern, die mit der Medienmarke nichts zu tun hätten.

Für traditionelle Medien sei es einfacher, Geld für Artikel zu verlangen, meinte van Lanschot. "Wir wollen vor allem junge Leute dazu bringen, wieder für Journalismus zu bezahlen. Das sind diejenigen, die diese Erfahrung noch nie gemacht haben."

70.000 nutzen Blendle

Seit dem Start in den Niederlanden Anfang 2014 hat Blendle 300.000 Nutzer, die sich für das Angebot interessiert und ein Guthaben von 2,50 Euro bekommen haben. Davon sind 70.000, also 23 Prozent, als regelmäßige Nutzer geblieben, schildert van Lanschot anschließend im Gespräch mit dem STANDARD. Durchschnittlich werden drei bis vier Euro pro Monat ausgegeben, die Summe steige. Jeden Monat kämen zehn Prozent Nutzer dazu. Alle sechs Monate hätten sich bisher die Einnahmen verdoppelt.

Jeder Anbieter kann selbst bestimmen, wie hoch der Preis eines Artikels ist. Die Einnahmen werden im Verhältnis 70 zu 30 geteilt. Bei einem 50 Cent teuren Artikel bekomme der Anbieter 35 Cent, erläuterte van Lanschot, wobei es Unterschiede durch den Mehrwertsteuersatz geben könne.

Fünf Prozent wollen Geld zurück

Ein Vorteil ist die Geld-zurück-Garantie, die Blendle anbietet, wenn ein Artikel nicht den Erwartungen entspricht. Durchschnittlich fünf Prozent nehmen das seinen Angaben zufolge in Anspruch, "bei schlechten Artikeln können das schon 40, 50 Prozent sein".

Am stärksten nachgefragt seien längere Hintergrundgeschichten und Interviews. Der bisher am häufigsten gekaufte Einzelartikel sei einer zum Absturz der Malaysia-Air-Maschine über der Ukraine gewesen, bei dem viele Niederländer ums Leben kamen.

Österreich in vier, fünf Monaten

Einen weiteren Schub erwartet man sich durch Deutschland, wo man in der Vorwoche mit 37 Titeln gestartet sei. Alle großen Verlagshäuser seien bereits an Bord, mit den nächsten 40 sei man im Gespräch. Zu den Österreich-Plänen ließ sich der für die internationale Expansion verantwortliche Blendle-Manager entlocken, dass man in vier, fünf Monaten darüber reden könne. Er habe aber schon eine Liste von Verlagen aus Österreich, die an Blendle herangetreten seien und Interesse signalisiert hätten. Als nächster Schritt ist aber eher eine Expansion in ein größeres europäisches Land vorgesehen – vermutlich Frankreich.

Derzeit hat Blendle 49 Mitarbeiter, bis Jahresende sollen es rund 80 sein, wenn im Herbst der Springer-Verlag und jener der "New York Times" eine größere Summe investieren. Der Großteil sind Programmierer. Mit bereits existierenden Kiosk-Lösungen zusammenzuarbeiten sei nicht möglich, da der Softwareaustausch zu kompliziert sei.

Nachrichten für Uhren produzieren

Einen Saal weiter ging es beim Global Editors Network, zu dem rund 550 Journalisten in den nächsten zwei Tagen nach Barcelona kommen, um eine andere Herausforderung: Wie sollen Journalisten mit den neuen Technologien und tragbaren Geräten umgehen? Die Ratschläge, die vom Podium ausgegeben wurden: Konsumierbare, kleine Informationshäppchen, die man etwa auf einer Smart Watch nutzen könne, sollten bereitgestellt werden. Und: Klar, konzis und persönlich sollten die Informationen sein.

David Sancha, Chef bei Xalok, präsentierte Zahlen, die den Trend Richtung "Nachrichtenuhren" zeigen: Um eine Million Geräte zu verkaufen, habe es beim iPhone 74 Tage gebraucht, bei der Apple Watch nur einen Tag. (Alexandra Föderl-Schmid, 17.6.2015)