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FPÖ-Asylkompetenz: Parteichef Heinz-Christian Strache bei einer Kundgebung gegen das geplante (und dann abgesagte) Erstaufnahmezentrum im burgenländischen Eberau im Jahr 2010.

foto: apa/hochmuth

Seit Innenministerin Johanna Mikl-Leitners Flüchtlingszelt-Aufstellung wegen gestiegener Asylwerberzahlen, auf die man nicht vorbereitet war, heißt es, dass mit diesem Signal von Massenandrang und Notstand das Geschäft Heinz-Christian Straches erledigt werde. Strache und die FPÖ insgesamt könnten auf Urlaub gehen und sozusagen aus dem Liegestuhl heraus zuschauen, wie ihnen Wählerinnen und Wähler zugetrieben würden.

Laut einer aktuellen Umfrage des Nachrichtenmagazins "Profil" dürfte das zutreffen. Auf die Frage, welcher Partei in der Flüchtlingsfrage die größte Kompetenz zuzutrauen sei, antworteten 29 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher: der FPÖ. Ein Prozent mehr als der Anteil derer, die angegeben hatten, die FPÖ (die auch damit auf Platz eins liegt) wählen zu wollen.

Blaue Themenführerschaft

Damit besitzen Strache und die Seinen in der Asylfrage in Österreich die Themenführerschaft: Nur zwölf Prozent nannten die ÖVP (die mit dem Innenministerium jenes Ressort innehat, das für Asylfragen zuständig ist!), je zehn Prozent SPÖ und Grüne, drei Prozent die Neos.

Wenn es je ein menschenrechtliches Armutszeugnis für Rot-Schwarz gab, dann dieses! Der FPÖ ist es gelungen, ihre gesamte potenzielle Wählerschaft glauben zu machen, dass ihr "Asylwerber raus!"-Gebrüll auf Grundlage einer prinzipiellen "Asylmissbrauch"-Unterstellung der richtige flüchtlingspolitische Ansatz ist – während die derzeitige Bundesregierung mit der unter der Ägide Mikl-Leitners betriebenen Politik mit ihren Gesetzesnovellen, Verordnungen und Härteparolen (wie zuletzt etwa der vom Asylverfahrensstopp) zusammengenommen nur 21 Prozent überzeugt.

Ernte falscher Politik

Was die ÖVP betrifft, ist das die Ernte nach Jahren des Nachbetens blauer Härteansagen gegenüber Flüchtlingen und etlicher Gesetzesnovellen, in denen vor allem den Begehrlichkeiten des Fremdenpolizei- und Asyl-Beamtenapparats stattgegeben wurde.

Was die SPÖ betrifft, ist es die Folge des jahrelangen Nichtssagens, in denen man das Thema Asyl bequem an den Koalitionspartner delegierte. In denen man das Thema bewusst ignorierte, "weil man damit eh nur verlieren" könne.

Sache noch nicht verloren

Nun ist sogar angesichts einer solchen desaströsen asylpolitischen Wählerumfrage die Sache noch nicht (ganz) verloren. Denn immerhin 46 Prozent der Befragten können laut Befragung in keiner Partei ausreichend Kompetenzen erkennen, um die Herausforderungen zu meistern. Offenbar sehen sie weder im Gegeifere der FPÖ noch in den FPÖ-Kopierversuchen der ÖVP oder im bisherigen Nichtstun der SPÖ einen akzeptablen Handlungsansatz.

Damit haben sie recht, wenn man sich das derzeitige Ergebnis vergegenwärtigt: Was derzeit an Flüchtlingspolitik geboten wird – die Zelte und die chronischen Streitereien um mehr Quartiere –, ist extrem kontraproduktiv und letztklassig. Es treibt der FPÖ tagtäglich neue Wähler zu.

Auch gegen Bürgermeister-Nein

Also müssen die Regierungsverantwortlichen endlich versuchen, es besser zu machen – und zwar rasch: durch Abschaffung der Flüchtlingszelte mittels vorübergehender Nutzung der Kasernen, die vom Verteidigungsministerium angeboten werden. Durch gleichzeitiges Forcieren kleinerer Unterbringungseinheiten, was bedingt, dass man sich über das Nein vieler Bürgermeister hinwegsetzt. Anders geht es nicht.

Und es muss klar, wiederholt und auch durch blaue Gegenparolen nicht zu entmutigen betont werden, dass Verfolgte in Österreich Schutz erhalten. Und entsprechend gehandelt werden. Die Vorschläge von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zur Lösung der akuten Quartierkrise könnten hier ein Ansatz sein.

FPÖ manipuliert

Vielleicht bestünde dann mittelfristig die Chance auf neue Themenkompetenz in Sachen Asyl jenseits blauer Parolen. Weil dann klar würde, wie inhuman und inhaltsleer die "Vorschläge" der FPÖ sind. Und dass sie großteils aus kommunikativen Versatzstücken aus der Küche der Spindoktoren stammen.

Etwa, als Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ) vergangene Woche im Nationalrat vorschlug, Abschiebungen aus Österreich künftig in Hercules-Transportmaschinen des Bundesheeres zu bewerkstelligen: "Da drinnen können die (Abzuschiebenden, Anm.) schreien, so laut sie wollen", sagte sie, auf den aktuellen Fall der Afghanin Laila P. gemünzt, die sich erfolgreich einer für sie traumatischen Rückschiebung nach Bulgarien widersetzt hatte.

Das nämlich hat Belakowitsch-Jenewein fast wörtlich von ihrem Chef übernommen. Heinz-Christian Strache hatte es 2006 in einer Rede auf dem Wiener Viktor-Adler-Markt genau so gesagt: Die asylpolitischen Vorschläge der FPÖ sind von gestern. (Irene Brickner, 21.6.2015)