Der Papst solle davon nichts erfahren. Diese Aussage soll der 72-jährige Kardinal Giuseppe Versaldi, einst mächtiger Vertreter der Präfektur für ökonomische Angelegenheiten des Vatikans und derzeit für die Kongregation der katholischen Erziehung verantwortlich, in einem Telefonat von sich gegeben haben. Allerdings wurde er dabei abgehört. Die Staatsanwaltschaft von Trani in Süditalien ermittelt wegen angeblich fehlgeleiteter Finanzierung öffentlicher Mittel an Vatikan-Institutionen.

"Es ist besser, dem Papst nichts von den 30 Millionen Euro Finanzierung zu sagen", soll der genaue Wortlaut Versaldis gewesen sein, als er mit dem Direktor des Kinderkrankenhauses Bambino Gesù, Giuseppe Profiti, telefonierte.

Bei besagten 30 Millionen Euro handelt es sich Berichten italienischer Medien zufolge um Staatsmittel, die für die Finanzierung des Krankenhauses Bambino Gesù vorgesehen gewesen seien. Sie sollen unerlaubterweise an die Vatikan-Hautklinik IDI umgeleitet worden sein, die inzwischen unter Zwangsverwaltung steht. Die Staatsanwaltschaft von Rom hat Unterlagen angefordert, um der Angelegenheit nachzugehen. Kardinal Versaldi dementierte die Vorwürfe und sagte, seine Aussage sei falsch interpretiert worden. Papst Franziskus hat noch nicht Stellung genommen.

Die angeblich illegalen Finanzierungen sollen 2014 von hohen Prälaten der Kirche vorgenommen worden sein, ohne den Papst darüber zu informieren. Angeblich beweisen weitere abgehörte Telefongespräche zwischen dem Direktor der Kinderklinik, Profiti, und dem in dem Krankenhaus für die Finanzen verantwortlichen Massimo Spina, dass ein Großteil der für die Spitalssanierung zur Verfügung gestellten Mittel an die Vatikanbank IOR abgezweigt worden sein dürfte.

Sowohl dem Kardinal als auch Profiti werden enge Verbindungen zum früheren Generalsekretär von Papst Benedikt XVI., Tarcisio Bertone, nachgesagt. Gegen den inzwischen von Franziskus abgesetzten Bertone sind Untersuchungen wegen dubioser Geschäfte im Gange. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 22.6.2015)