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Pädagogische Hochschulen müssen bei der neuen Ausbildung für Lehrer mit Universitäten kooperieren. Im Regionalkreis Ost zwinge die Universität Wien ihre Studienpläne den PHs auf, kritisiert die Österreichische Hochschülerschaft.

Foto: APA/Hochmuth

Wien – Bis Oktober hat der Senat der Universität Wien Zeit, ein Curriculum samt Prüfungsordnung für eine gemeinsame Lehrerbildung der Sekundarstufe im Kooperationsraum Nord-Ost zu entwickeln. Dieses soll ab Herbst 2016 an den Pädagogischen Hochschulen (PHs) Niederösterreich und Wien sowie an der katholischen PH Wien/Krems und an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik gelehrt werden. Dass die Studienpläne schon über den Sommer entwickelt werden sollen, geht aber einigen zu schnell. "Diese drei Monate sind viel zu wenig, um einen qualitativ hochwertigen Wandel durchzumachen", kritisiert Karl Marquardt vom Referat für pädagogische Angelegenheiten der Österreichischen Hochschülerschaft gegenüber dem STANDARD.

Ähnlich sieht das Alexander Klement von der Zentrumsvertretung Lehramt an der Uni Wien. "Ein Riesenproblem ist, dass den PHs hier das Messer angesetzt wurde", sagt er. So kann sich die Uni aussuchen, ob sie mit den PHs eine Kooperation eingehen will, die PHs müssen, wollen sie weiter die Lehrenden der Sekundarstufe ausbilden. Die Expertise der PHs würde in den Curricula-Plänen nicht berücksichtigt, meint Klement, sie würden "einfach ignoriert".

"Schlag ins Gesicht"

Die Reform der Lehrerausbildung verpflichtet die PHs zur Zusammenarbeit mit Universitäten. Zwar hätten die PHs tatsächlich weniger Fachkenntnisse als die wissenschaftlich orientierten Universitäten, jedoch lägen ihre Stärken in der Schulpraxis wie in der Fachdidaktik. "An der Uni Wien haben Lehramtsstudierende im gesamten ersten Jahr keine einzige Praxisstunde", kritisiert Klement; an der PH legt man von Beginn an Wert darauf, dass die Studierenden auch in Klassen stehen.

Für Klement war es "ein Schlag ins Gesicht", dass die PHs "zu diesen Bedingungen kooperieren". Die Bedingungen bevorteilen klar die Uni Wien: Das gemeinsame Bachelorstudium Lehramt soll nach Vorbild des alten Curriculums der Uni nachempfunden werden. Dieses ist "Ausgangspunkt und Grundlage für das gemeinsame Studien- und Lehrangebot", heißt es in dem Mitteilungsblatt der Uni Wien.

Fehlendes Handwerkszeug

Das Angebot der PHs soll in das bestehende Uni-Studium in Form "alternativer Pflichtmodule oder alternativer Angebote innerhalb von Pflichtmodulen" integriert werden. Die Aufteilung zwischen fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Anteilen im Studium wird ebenfalls dem Uni-Curriculum angepasst. "Das ist das, was uns sauer aufstößt", sagt Marquardt: "Viele Studierende sind mit der Lehramtsausbildung unzufrieden, weil sie sehr unpraktisch ist. Man bekommt kaum Handwerkszeug vermittelt."

Christa Schnabl, Vizerektorin für Lehre an der Universität Wien kann die Kritik der Studierendenvertreter nicht nachvollziehen. "Im Gesetz ist genau definiert, in welchem Umfang Schulpraxis an der Hochschule gelehrt werden soll", sagt sie. Die Uni Wien hat auf Basis dieses Gesetzes ihr Curriculum erstellt. Die Hochschulen seien durch die neue Lehrerausbildung mit einer "Riesenumstellung" konfrontiert. Die Curricula seien nur ein kleiner Teil davon. "Das ist eine große Herausforderung für die PHs und die Uni. Durch die bestehenden Curricula der Uni gibt es schon konkrete Konzepte.

Schnabl sieht nur Vorteile

Auch für die Qualität der Lehre sieht Schnabl Vorteile. "Es ist eine große Chance, die Stärken zusammenzuführen." So könne die Uni Wien mit ihrem Wissen in puncto Fächer und Fachdidaktik die PHs bereichern und profitiere ihrerseits durch den Ausbau der Bildungswissenschaften, worin die PHs ihre Stärke hätten. Auch die Erstellung der Curricula bis Oktober ist für Schnabl machbar.

Mit der Umstellung wird künftig das Lehrangebot gemeinsam organisiert. Schnabl betont, dass die Koordination und Abstimmung auf Basis der Vorschläge der PHs erfolgen wird.

Neuer Studienplan "illusorisch"

Die Uni Wien hat rund 12.000 Lehramtsstudierende, im Falle der vier PHs in der Sekundarstufe ist deren Zahl geringer. Es sei "illusorisch", zu glauben, dass es zu einem völlig neuen Curriculum käme, sagt Erwin Rauscher, Rektor der PH Niederösterreich. "In fachlichen Expertengruppen sollen die Stärken der Uni und jene der PHs aus bisher unterschiedlichen Kulturen und Präferenzen zusammengeführt werden", sagt er. Die Unis seien auf die Fach- und Bildungswissenschaften spezialisiert, die PHs etwa auf die Schulpraxis und die Fachdidaktik. Jetzt ginge es darum, die "bestmögliche Ausbildung der künftigen Pädagogen zu ermöglichen."

Klement befürchtet, dass durch die Umstellung die Studienprogrammleitungen an der Uni Wien entscheiden, welche Personen qualifiziert sind, die Lehrveranstaltungen an den PHs abzuhalten. "An den PHs werden die Fachwissenschaften zumeist von externen Lektoren gelehrt", erklärt Klement. Diese haben befristete Verträge. Die ÖH befürchtet, dass die Zusammenlegung der Lehrerbildung zur Folge hat, dass die Verträge der betroffenen Lektoren "einfach nicht verlängert werden". (Lisa Kogelnik, Oona Kroisleitner, 24.6.2015)