Seoul – Ein Gericht im weithin abgeschotteten Nordkorea hat zwei Südkoreaner wegen angeblicher Spionage zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. Das oberste Gericht des Landes habe Kim Kuk Gi und Choe Chun Gil für schuldig befunden, für Südkoreas Geheimdienst spioniert zu haben, berichtete nach Angaben des Vereinigungsministeriums in Seoul der staatliche nordkoreanische Rundfunk am Dienstag.

Das Ministerium kritisierte das Verfahren gegen die beiden Landsleute als "Scheinprozess" und verlangte deren sofortige Freilassung. Die Verurteilung der Männer belastet die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen beiden Staaten.

"Politisch motivierte Provokation"

Das Urteil gegen die beiden wurde am selben Tag gesprochen, an dem das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCR) in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul eine Außenstelle zur Untersuchung der Lage für die Menschen in Nordkorea eröffnete. Nordkoreas Außenministerium sprach in einer Erklärung von "einer politisch motivierten Provokation".

Von den verurteilten Südkoreanern hatte Nordkorea im März Videos gezeigt, auf denen sie von ihren angeblichen Spionagetätigkeiten erzählten. Beide waren vergangenes Jahr festgenommen worden. Südkorea hatte ihre Identität damals bestätigt. Der Staatsanwalt hatte den nordkoreanischen Berichten zufolge in dem Prozess die Todesstrafe für beide gefordert.

"Feindselige Handlungen"

Kim habe als Missionar gearbeitet, Choe sei Geschäftsmann, sagte eine Sprecherin des Vereinigungsministeriums in Seoul. Beide seien in der Grenzregion zwischen Nordkorea und China tätig gewesen. "Wie beide nach Nordkorea kamen, ist unklar." Die Regierung habe bestritten, dass sie für den Nationalen Nachrichtendienst (NIS) gearbeitet hätten, sagte die Sprecherin.

Nordkorea hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Südkoreaner, Amerikaner und andere Ausländer wegen des Vorwurfs "feindseliger Handlungen" oder der Spionage festgehalten. Im vergangenen Jahr wurde ein Missionar aus Südkorea wegen staatsfeindlicher religiöser Umtriebe ebenfalls zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt.

Zehntausende Nordkoreaner hätten ihr Land verlassen, um ein neues Leben in Südkorea zu beginnen, sagte der Hohe Kommissar für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein, zur Eröffnung des UN-Menschenrechtsbüros in Seoul. "Doch Millionen sind weiter gefangen im Griff eines totalitären Systems, das ihnen nicht nur ihre Freiheit verweigert, sondern auch immer weniger ihre zum Überleben grundlegenden Bedürfnisse decken kann." Die Aufgabe des Büros sei es, die Menschenrechtslage in Nordkorea zu "beobachten und dokumentieren".

Eine UN-Untersuchungskommission hatte im Februar 2014 Nordkorea Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. In dem Bericht hieß es, in Nordkorea würden als politisch unzuverlässig eingestufte Menschen systematisch ermordet oder als Arbeitssklaven missbraucht.

Nordkorea hatte wegen der Eröffnung des UN-Büros in Seoul seine Teilnahme an den Welt-Studentensportspielen in Südkorea nach Angaben der Organisatoren zurückgezogen. (APA, 23.6.2015)