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Im Juni 2014 bestritt Andreas Ivanschitz sein vorerst letztes Länderspiel, Tschechien wurde 2:1 besiegt. Die hervorragende EM-Qualifikation verfolgt er von der Abrufliste aus.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Andreas Ivanschitz hält sich fit, läuft daheim durchs Burgenland, natürlich nicht durchs ganze. Die Transferzeit hat eben erst begonnen, der Bazar ist eröffnet. Vertragslose Fußballer suchen passende Arbeitsplätze, die Nachfrage ist größer als das Angebot. Der 31-jährige Ivanschitz macht sich allerdings keine Sorgen, er wartet auf Anrufe. "Man muss geduldig bleiben. Ich bin für fast alles offen."

Interessenten aus der österreichischen Bundesliga fehlen, nach Griechenland (Panathinaikos), Deutschland (Mainz) und Spanien (Levante) strebt er eine vierte Station im Ausland an. "Nach China will ich nicht. Aber sonst ist wirklich nur wenig auszuschließen." In einem für einen Profifußballer relativ fortgeschrittenen Alter ist man zwangsläufig bereit, Kompromisse einzugehen. "Bis zu einem gewissen Grad. Man muss das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Es muss eine Herausforderung, eine Aufgabe sein. Vielleicht ist es ja mein letzter Vertrag, vielleicht auch nicht. Ich fühle mich jedenfalls gut in Schuss, bin ein positiv denkender Mensch."

Das Engagement bei Levante wäre um eine Saison länger geplant gewesen. Der Verein hat den Vertrag allerdings gelöst, Ivanschitz wurde rausgekauft, weil er die Kriterien nicht erfüllt hat, nicht erfüllen durfte. Er hätte in zwei Saisonen mindestens 45 Spiele über zumindest 45 Minuten bestreiten müssen, die 45 Minuten hat er knapp verfehlt. Trainer gingen und kamen, Lucas Alcaraz setzte nicht mehr auf den Österreicher. Nach einer Adduktorenverletzung wurde er aufs Abstellgleis gestellt. Die letzten Wochen seien hart gewesen. "Es ist nicht angenehm, auf der Tribüne zu sitzen." Trotzdem seien die beiden Jahre in Spanien "großartig" gewesen. "Eine Horizonterweiterung. Es nimmt dir keiner, gegen Messi oder Ronaldo gespielt zu haben. Vor allem in der ersten Saison lief es optimal." Trennungen und Veränderungen gehörten zum Profigeschäft. "Ich sehe das unsentimental, nicht negativ. Der Abschied erfolgte in gegenseitiger Wertschätzung."

Der nächste Umzug

Das Haus in Valencia muss noch geräumt werden, der Familie Ivanschitz steht ein weiterer Umzug bevor. Die drei Kinder sind acht und fünf Jahre sowie acht Monate alt, der Jüngsten ist das alles relativ wurscht. "Für die Angehörigen sind Veränderungen unangenehm, sie werden aus dem Umfeld gerissen."

Der Fußball, sagt Ivanschitz, sei ein großes Abenteuer, eine Reise mit ungewissen Zielen. "Du musst immer klar in der Birne sein, darfst nicht aufgeben. Weil es gute und schlechte Phasen gibt." Es sei von Vorteil, "wenn du geerdet und bodenständig bist. Ich hatte das Glück, mit wunderbaren Eltern und Geschwistern aufgewachsen zu sein. Sie lehrten mich Demut, Normalität. Ich kam nie in die Gefahr, abzuheben, mich selbst zu überschätzen." Papa Ivanschitz ist vor einigen Monaten an Krebs gestorben. "Das überwindet man nur schwer, die Frage nach dem Warum soll man sich nicht stellen."

Andreas Ivanschitz wartet also auf Angebote. Am Dienstag hat er das SOS-Kinderdorf in Pinkafeld besucht, mag sein, dass solche Aktivitäten Teil der Erdung sind. Er hat 69 Länderspiele (zwölf Tore) bestritten und geht davon aus, "dass es ein siebzigstes gibt. Warum nicht? Natürlich ist die EM in Frankreich für mich ein Thema." Zuletzt hat ihn Teamchef Marcel Koller nur auf die Abrufliste gesetzt. "Das heißt, ich bin nicht aus seinem Kopf." Die Konkurrenz sei speziell im Mittelfeld groß. "Ein Wahnsinn, wie Junuzovic gegen Russland gegeigt hat. Ich habe vom 1:0 in Moskau nur die Highlights gesehen, aber die waren richtig beeindruckend."

Ivanschitz hat in seiner Karriere Pokale nicht gerade angehäuft, der Meistertitel mit Rapid (2005) ist einsam. Geht man davon aus, dass eine Fußballerkarriere ein Kreis ist, denkt Ivanschitz an seinen Anfang. "Bei Rapid bin ich groß geworden, dort durfte ich erwachsen werden." Die Reise ist nicht zu Ende. Er läuft daheim durchs Burgenland. Bis zum entscheidenden Anruf, bis zu einem neuen Vertrag an einer passenden Adresse. "Die EM in Frankreich habe ich als Station eingeplant." (Christian Hackl, 25.6.2015)