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Das Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Wien – Das Schubhaftzentrum im obersteirischen Vordernberg, wo sich private Betreuer und staatliche Aufpasser die Aufgaben aufteilen, könnte ein "Megaflop" werden. Das befürchtet die Volksanwaltschaft (VA), die am Freitag einen Sonderprüfbericht vorlegte. Die Betreuung durch private Sicherheitsfirmen sei zum Teil rechts- beziehungsweise verfassungswidrig. Private Unternehmen dürften keine hoheitlichen Aufgaben übernehmen.

Im Unterschied zu den USA, wo auch längst Gefängnisse privatisiert sind, könnten in Österreich keine staatshoheitlichen Aufgaben an Private ausgelagert werden. "Das wäre ein Horror", meint Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ). Dazu gehörten im Fall eines Anhaltezentrums für Schubhäftlinge etwa auch die Durchsetzung der Hausordnung oder Streitschlichtungen.

Ermahnen erlaubt

Eine VA-Kommission stieß bei einem Besuch in der 2013 um 2,5 Millionen Euro gebauten Anlage auf einen Erlass der steirischen Landespolizeidirektion, wonach privaten Sicherheitskräften erlaubt wurde, Ermahnungen im Sinne der Anhalteordnung auszusprechen. "Solche Ermahnungen stellen hoheitliche Befehlsakte im Kernbereich der staatlichen Verwaltung dar und fallen daher unter das Ausgliederungsverbot", heißt es im 58 Seiten starken VA-Sonderprüfbericht.

Manche Probleme seien zwar vertraglich bereinigt worden. Den Volksanwälten ist das aber zu wenig, sie wollen eine klare gesetzliche Regelung. Denn diese Grundsatzfrage stelle sich etwa auch in Pflegeanstalten. Auch dort würden private Sicherheitsleute mit Aufgaben betraut, die Gesundheitsberufen vorbehalten seien. Der Gesetzgeber müsse Grenzen ziehen, fordert Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ).

Ministerium anderer Meinung

Im Innenministerium sieht man hingegen auf STANDARD-Anfrage keinen Bedarf einer eigenen gesetzlichen Regelung. Die Aufgabenteilung sei ausreichend präzisiert, der Rechtsschutz liege "in voller Verantwortung des Innenministeriums". Die Trennung zwischen hoheitlichen und privaten Aufgaben sei von Beginn an ausreichend gegeben gewesen.

Der Spagat zwischen "appellativen Rechten" und Eingreifen zeigte sich bei der Flucht eines Schubhäftlings. Als dieser den Zaun erklomm, durfte ein privater Betreuer nur zuschauen. Als die alarmierte Polizei auftauchte, war der Schubhäftling schon weg.

Derzeit befinden sich nur zwei Schubhäftlinge in der für 200 Insassen konzipierten Anlage. Mit Spannung wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gewartet, ob auch Flüchtlinge, die gemäß der Dublin-Verordnung nur in ein anderes EU-Land zurückgebracht werden sollen, in Vordernberg untergebracht werden dürfen. Wenn nicht, wäre die Anlage für Volksanwalt Fichtenbauer ein überdimensionierter "Megaflop". (simo, 26.6.2015)