Mit der Bildungsministerin gebe es Redebedarf, meint Harald Huber, Präsident des Österreichischen Musikrats (ÖMR), der gegen eine Verschlechterung bei der Musikausbildung kämpft.

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STANDARD: Was würden Sie denn als Professor für Popularmusik den Makemakes raten?

Huber: Ich habe das Lied der Makemakes für den ORF viermal auf Plagiat geprüft und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es keines ist. Aber natürlich fährt es in einem sehr ausgereizten Fahrwasser. Ich würde ihnen raten, die neue Bekanntheit so gut es geht auszunützen.

STANDARD: Ansonsten braucht man sich um die Popmusik in Österreich derzeit keine Sorgen machen, oder?

Huber: Nein, wir haben derzeit eine bunte und kreative Szene, die auch im Ausland wieder wahrgenommen wird. Es gibt zwar Ansätze in den Medien, dem Rechnung zu tragen, aber das ist ein beständiger Kampf. Hinsichtlich dessen mit dem ORF zu verhandeln, unterstützen wir als Musikrat natürlich. Es gab im Parlament ein Gespräch mit ORF-Chef Wrabetz, bei dem er ein kleines Maßnahmenpaket zugesichert hat.

STANDARD: Die Forderung nach Rundfunkquoten für österreichische Musik gibt es seit vielen Jahren. Die selbstgesetzten Quoten unterschreiten die Radiosender immer wieder. Was wäre denn Ihr Idealmodell?

Huber: Ideal wäre natürlich, wenn die Medien von sich aus erkennen würden, dass sie auch mit heimischer Musik ein großes Publikum erreichen können, und wir gar keine Quote brauchen würden. Es sollte als selbstverständlich angesehen werden, dass man die Musik des Landes entsprechend vorstellt, diskutiert und promotet. Ö3 hat jetzt 15 Prozent zugesichert, derzeit liegt man bei 12,5. Das ORF-Radio insgesamt bringt etwa 29 Prozent Musik mit irgendeinem Bezug zu Österreich. Das ist im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich.

STANDARD: Eine gesetzlich bindende Quote wäre kein Thema?

Huber: Wir halten eine freiwillige Quote von 40 Prozent für angemessen. Davon sind wir natürlich weit entfernt. Wenn sich in Zukunft nichts ändert, dann sind wir irgendwann auch für eine gesetzliche Festschreibung. Jedenfalls werden wir die jetzt zugesagten Maßnahmen genau beobachten.

STANDARD: Der Musikrat kritisierte zuletzt wiederholt Kürzungen bei der Musiklehrerausbildung. Hat die Politik darauf reagiert?

Huber: Die Ausbildung der Volksschullehrkräfte ist durch neue Curricula an den Pädagogischen Hochschulen im Bereich der Musik weiter zurückgefahren worden. Wir wollen zumindest ein bis zwei Lehrkräfte in jeder Schule, die musikalische Inhalte anbieten können. Noch bedrohlicher ist die Situation bei den Neuen Mittelschulen, wo die Pädagogischen Hochschulen die Musikausbildung nicht mehr leisten können. Es wäre sinnvoll, wenn das von den Universitäten mit übernommen werden würde, weil die ja sowieso für die AHS ausbilden. Das würde aber wiederum eine Aufstockung des Uni-Budgets brauchen. Wir sind im Moment in Gefahr, ein österreichisches Vorzeigesystem, nämlich Musikunterricht quer durch beinahe alle Schulstufen, zu verspielen. Da werden jetzt strukturelle Weichen gestellt, wo die Alarmglocken schrillen. Wir werden die Bildungsministerin immer wieder damit konfrontieren.

STANDARD: Hört Ihnen die Politik überhaupt zu?

Huber: Das wechselt mit den Ministern. Im Bildungsbereich hatten wir unter Claudia Schmied mehr Gehör. Viermal jährlich gab es da ein Meeting im Ministerium, ein Ergebnis dieses Prozesses war zum Beispiel ein Erlass zur Kooperation von Schulen und Musikschulen. Diese Zusammenarbeit wurde unter Heinisch-Hosek weitgehend fallengelassen. Ich kann immer nur betonen, dass wir von einem Tag auf den anderen gesprächsbereit wären, denn es gäbe viele Dinge, über die wir reden müssten. Die Kommunikation mit Kulturminister Ostermayer ist hingegen nicht schlecht – wir haben zumindest das Gefühl, wahrgenommen zu werden.

STANDARD: Aber auch mit Ostermayer sind Sie nicht immer einverstanden. Sie begrüßen zwar die im Oktober in Kraft tretende Festplattenabgabe, kritisieren aber Obergrenzen, die dafür festgesetzt wurden, etwa Maximaleinnahmen von 29 Millionen Euro.

Huber: Ich weiß noch, wie in den 1980er-Jahren durch die Leerkassettenabgabe ganz neue Fördermaßnahmen möglich wurden. Man konnte plötzlich sehr viele junge Musiker viel besser unterstützen. Eine Deckelung gab es damals nicht. Bei der Novelle ist es der Elektroindustrie nun gelungen, eine solche Obergrenze zu erreichen. Das finden wir unfair, ein echter Rückschritt. Den Kampf von Taylor Swift gegen Apple finde ich da atmosphärisch gut, weil er in der breiten Bevölkerung Bewusstsein schafft für die Situation der Künstler. Das Einkommen der Urheber muss im digitalen Zeitalter gesichert sein.

STANDARD: Ist die Abgabe nicht jetzt schon veraltet, weil der Trend in Richtung Cloud-Speicher geht?

Huber: Das zeigt, dass dieses Gesetz überfällig ist und eigentlich schon zu spät kommt. Aber man kann auch keinen Schritt überspringen. Jetzt haben wir einmal diese Novelle, und man kann ja ruhig auch schon an der nächsten arbeiten.

STANDARD: Auf Distanz zu Ostermayer gehen Sie auch bei der drohenden Absiedelung der Sammlung alter Musikinstrumente wegen des Hauses der Geschichte in der Neuen Burg. Laut jüngsten Gerüchten soll für die Neuaufstellung auch das Funkhaus in der Argentinierstraße angedacht werden. Ist das eine gute Idee?

Huber: Die Variante mit dem Funkhaus ist mir neu. Als Musikrat war uns wichtig, klarzustellen, was mit dieser Sammlung alles verbunden ist, etwa die Restauratorenausbildung. Ich habe das Gefühl, dass es uns gelungen ist, das Bewusstsein für den Wert dieser Sammlung zu stärken. Jede Lösung, die man jetzt dafür findet, muss eine Stärkung ihrer Präsenz zum Ziel haben. Der Eröffnungszeitpunkt für das Haus der Geschichte ist mit 2018 sehr ambitioniert. Wie bis dahin eine neue und hoffentlich verbesserte Lösung für die Sammlung alter Musikinstrumente entstehen soll, ist mir noch nicht klar.

STANDARD: Sollte die Sammlung in der Neuen Burg bleiben?

Huber: Derzeit sind die Räumlichkeiten in der Neuen Burg speziell dafür adaptiert, schon allein wegen der komplizierten Klimatechnik, die die alten Instrumente brauchen. Ich sehe bis jetzt keine überzeugende Alternative dazu.

STANDARD: Die Bestellung der neuen Leitung für die Musikuni Wien verlief unlängst sehr turbulent. Sind Sie glücklich mit der letztlich erfolgten Entscheidung für Ulrike Sych?

Huber: Der Universitätsrat war der Meinung, dass es jemand von außen sein müsse. Der Senat favorisierte mit Ulrike Sych aber eine Kandidatin aus dem Haus. Dass sie es letztlich doch wurde, ist für mich auch ein Sieg der noch verbleibenden Universitätsdemokratie, weil damit der Mehrheit des Hauses entsprochen wurde. Ich glaube auch, dass die zunächst gewählte Kollegin Regula Rapp das gespürt und deswegen zurückgezogen hat.

STANDARD: Was erwarten Sie sich von der neuen Führung? Sie selbst haben sich immer für eine Stärkung der Popularmusik eingesetzt.

Huber: Die Popularmusik ist nach einem längeren Prozess an der MDW nun zu einer gewissen Blüte gelangt. Hier muss man auch dem scheidenden Rektor Werner Hasitschka und seinem Team danken, dass er diesen Bereich gefördert hat. Als ich 1980 begonnen habe zu unterrichten, war meine Vorlesung zur Geschichte der Popularmusik die einzige derartige Lehrveranstaltung. 35 Jahre später haben wir ein Institut mit fast 50 Lehrenden. Die neue Rektorin steht dieser Entwicklung sehr positiv gegenüber. Der nächste Schritt wird sein, Projekte von Studierenden besser zu fördern und den internationalen Austausch zu verstärken. Was im Bereich der Klassik selbstverständlich ist, sollten wir nun auch im Rock, Pop, Jazz und der Weltmusik erreichen.