"Komm und hol sie dir!" So lautet, ins Deutsche übersetzt, die Inschrift am recht eindrucksvollen Leonidas-Denkmal in Sparta. Mit "sie" sind die Waffen des Königs von Sparta gemeint, der mit seinen Spartanern an den Thermopylen der Übermacht der Perser mutig entgegenstellte und so wie seine 300 Mitstreiter nach tapferem Kampf massakriert wurde. (Ähnlichkeiten mit dem, was sich 2500 Jahre später zwischen Tsipras und der EU-Führung abspielt, dürften wohl eher rein zufällig und unbeabsichtigt sein.)

Jener Wanderer, der dann von den Thermopylen nach Sparta kam und – in der Übersetzung Friedrich Schillers – "dorten verkündigte", er habe Leonidas und die seinen liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl, hat seine Sache jedenfalls gut gemacht: Bis heute ist Sparta ein Synonym für heroische Selbstaufopferung, unmenschliche Härte und Selbstdisziplin.

Dunkle Wolken über der Statue des Leonidas in Sparta mit der erwähnten Inschrift "Komm und hol sie dir!".
Foto: Klaus Taschwer

Über die Stadt selbst, das Handelszentrum der südgriechischen Region Lakonien, können Reisende des Jahres 2015 freilich nur wenig Heroisches berichten: Die heutige Kleinstadt wurde erst im Jahr 1836 im Süden der antiken Stadt von einem bayrischen Architekten als Schachbrettmusterstadt angelegt, in der neben der Leonidas-Statue gerade noch das etwas heruntergekommene archäologische Museum an die große alte Zeit und die zahllosen Legenden erinnert.

Der byzantinische Burgberg Mystras von unten betrachtet.
Foto: Klaus Taschwer

Sehr viel eindrucksvoller ist da schon Mystras, eine byzantinische Ruinenstadt rund fünf Kilometer nordwestlich von Sparta, die auf einem Hügel unmittelbar vor dem Taygetos-Gebirge errichtet wurde. Was heute als riesiges unbewohntes Freilichtmuseum daherkommt, bot im Mittelalter als Burgstaat für mehrere 10.000 Menschen Platz.

Alles andere als lakonisch

Doch halt, auch heute leben einige Personen in der gewaltigen, von üppigem Grün und duftenden Blumen überwucherte Ruinenstadt: einige Nonnen rund um Schwester Agnes, die ohne weiteres in einer orthodoxen Version von Sister Act auftreten könnte. Die fast völlig schwarz Verschleierte erzählt jedenfalls von Jazzkonzerten in Athen mit Miles Davis und davon, dass sie selbst Schlagzeug spielt.

Das Panorama, das sich von Mystras aus bietet.
Foto: Klaus Taschwer

Die auffällig fröhliche Schwester Agnes spricht auch Deutsch und ist in ihren lebendigen Erzählungen alles andere als lakonisch – ein Adjektiv, das eigentlich ebenso auf diese Region zurückgeht wie spartanisch auf Sparta. Touristisch interessant sind in Lakonien aber vor allem die zwei südlichsten "Finger" der Peloponnes, die beide wie die ganze Gegend überreich an Geschichte und Geschichten sind.

Blutrache und Totenklagen

Karin Velika kennt viele davon, auch aus der unmittelbaren Vergangenheit. Die steirisch-griechische Architektin wuchs in Sparta auf und bereiste als Jugendliche in den 1970er-Jahren die Halbinsel Mani, die jenseits des bis auf 2.400 Meter Seehöhe ansteigenden Taygetos-Gebirges liegt. Ihr aus der Steiermark stammender Vater war damals unter anderem für die Elektrifizierung dieser lange völlig isolierten Region zuständig, wo Blutrache ebenso praktiziert wurde wie die markerschütternden Totenklagen der alten Frauen, an die sich Velika noch heute mit Schaudern erinnert.

Eindrückliche Schilderungen dieser archaischen Sitten und Gebräuche der Manioten, aber auch von deren Widerständigkeit lieferte der große englische Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor, der sich im Süden des Mittelfingers ein Haus baute. Sein Buch Mani aus dem Jahr 1958 ist Pflichtlektüre für historisch interessierte Besucher dieser kargen Landschaft mit ihren Wehrtürmen und ihrem spröden Charme.

Monemvasia, das "Gibraltar des Ostens" liegt gut versteckt auf und hinter einem Felsen an der Küste der südöstlichen Halbinsel Lakoniens.
Foto: Klaus Taschwer

Ähnlich schwer zugänglich wie die Halbinsel Mani im Großen ist die aus byzantinischen Zeiten stammende Stadt Monemvasia im Kleinen. Monemvasia liegt bestens versteckt auf einem Felsen an der Küste der südöstlichen Halbinsel Lakoniens. Auf Griechisch bedeutet der Name so viel wie "einziger Zugang". Im Mittelalter war das "Gibraltar des Ostens" ein bedeutender Stützpunkt und ein wichtiges Handelszentrum.

Luxuriöse Abgeschiedenheit

Vom einstigen Reichtum zeugen prachtvolle Häuser, die vereinzelt in kleine Boutique-Hotels umgebaut wurden. Wer einige Tage in luxuriöser Abgeschiedenheit sucht: Jenseits des einzigen Zugangs, einer schmalen Landbrücke, wird man gewiss fündig.

Einige der ehemaligen Bürgerhäuser von Monemvasia wurde in schmucke Mini-Hotels umgebaut.
Foto: Klaus Taschwer

Monemvasia, Geburtsort des bedeutenden griechischen Dichters Giannis Ritsos (1909-1990), hat sich aber noch auf andere Weise in die Kulturgeschichte eingeschrieben: durch eine Rebsorte, die in der Gegend angebaut wurde und nun auch wieder vor Ort kultiviert wird. Der Ruf der Malvasier-Weine reichte bis nach England, wo sie als Malmsey bezeichnet werden – und selbst bei Shakespeare Erwähnung fanden: Als im Königsdrama Richard III. der Duke of Clarence gemeuchelt wird, ruft ihm der Mörder zu: "Nehmt das und das; reicht alles noch nicht hin / So tauch ich Euch ins Malvasierfaß draußen."

Ganz unblutig ist sie nicht, die Geschichte Lakoniens – von Leonidas bis zum Malvasier. (Klaus Taschwer, 30.6.2015)