Christoph Feurstein im Interview mit der Frau des Grazer Amokfahrers.

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Warum interviewt ein Fernsehsender die Ehefrau des Grazer Amokfahrers? Aufgrund von Informationspflicht und auch weil so eine Sendung, ausgestrahlt am Montagabend im Magazin Thema, als nationale Psychotherapiestunde dienen kann – um anhand konkreter Informationen, die man zu erhaschen trachtet, die Katastrophe besser einordnen zu können.

Die rund um das Gespräch platzierten Reportagen von den Grazer Straßen und Spitälern mögen das Gefühl des Zusammenhalts zwar gefestigt und die Trauerarbeit unterstützt haben. Auch hatte der Beitrag über die Dysfunktionalität aufseiten der für Gewaltprävention zuständigen Behörden seine Relevanz. (Es mangelt an Vernetzung; ein Modell für Täter fehlt).

Das „Exklusiv“-Interview mit der Ehefrau des Täters hat aber nur eines bewirkt: Es hat üble Vorurteile hervorgekehrt, die man Gewalttätern vorzugsweise entgegenbringt. Dazu zählt die Nationalität, die ursprünglich keine österreichische ist; die Religion, die keine römisch-katholische ist (Christoph Feurstein fragte: „Hat Ihr Mann Sie gezwungen, das Kopftuch zu tragen?“).

Dingfest ist nun weiters auch, dass die junge Frau in gebrochenem Deutsch spricht und ihre Ehe auf einer Internetbekanntschaft gründet. All diese Details über eine Person, deren Gesicht am Bildschirm richtigerweise unerkannt blieb und die ebenso fassungslos auf die Schreckenstat vom 20. Juni blickt wie wir, zementieren folglich ein völlig tumbes Bild des „Bösen“.

Abschlussfrage: „Möchten Sie den Menschen von Graz etwas sagen?“ – „Es tut mir sehr, sehr leid.“ Vielleicht hatten diese tränengebeutelten Worte tatsächlich einen Sinn. (Margarete Affenzeller, 30.06.2015)