Man könnte allerlei tun, nur um dem Garten ein wenig Fasson zu verpassen. Muss man aber nicht.

Illustration: Dennis Eriksson

Es geht ins Finale. Juli ist's, und wer rechtzeitig drauf g'schaut hat, dass alles blüht, wenn er es braucht, hatte seine Freude mit dem Garten. Die fette Rosenblüte ist gelaufen, die Lavendelwälder stehen voll im violetten Saft, Cosmeen matchen sich mit Phloxen im prolligen Schönsein, und die Sonnenblumen neigen ihre schweren Köpfe devot im Wind. Wer jetzt seinen Liegestuhl freiwillig verlässt, ist selber schuld. Die Gärtnerin hat durchaus das Recht, sich selbst als zartes Pflanzerl zu betrachten, der ein Sonnenbad, ein paar Erfrischungen und ein Wiedererstarken am Abend guttun.

Kosmetik im Garten

Ähnlich ist es mit den Pflanzen. Schlapp hängen sie untertags herum, um abends zu neuem Tonus und frischer Pracht zurückzufinden. Hat sich die Gärtnerin dann doch von ihrer Liege erhoben, gibt es im Garten noch einiges zu tun. Kosmetik steht im Prospekt, und dem möchte sie gerne nachkommen.

Kosmetik im Garten bedeutet, unglaublich langsam durch die Beete und Rabatten zu wandeln und mit sicherem Blick und spitzen Fingern für ein wenig Refurbishment oder Refreshment zu sorgen. Altes, womöglich bereits vergilbtes Laub, etwa von den Lunarien, könnte entfernt werden, welke Blüten der Flockenblume könnten abgeknipst werden, vom Wind zerzauste Pflanzen könnten neu gestützt und im Beet strukturiert werden – man könnte allerlei tun, nur um dem Garten ein wenig Fasson zu verpassen. Muss man aber nicht.

Man könnte die trockene Erde ein wenig aufkramperln, wieder einmal ein paar Handvoll Vogelmiere von den Füßen der Rosen zupfen und die Brennnesseln ermahnen, sich nicht so viel Raum anzueignen. Muss man aber nicht.

Alles aktivieren

Man könnte in Anbetracht einer bevorstehenden Reise die Sprinkleranlage aktivieren, überprüfen und nachjustieren. Dasselbe gilt natürlich für den Timer, der so trutzig an der Pippe hängt. Man könnte den unerwünschten Nachwuchs bei den Engelstrompeten abbrechen, die Bohnen ernten oder ein paar Büschel Minze für winterliche Tees verkehrt zum Trocknen aufhängen. Muss man aber nicht.

Man könnte sogar die unendlich schweren, weil sagenhaft fetten Hortensienblüten stützen, oder dem hohen Ziergras aus der Pampa einen Stock zur Stütze in die Erde rammen. Man könnte aber auch den Herrgott einen guten Mann sein lassen und im milden Licht eines späten Nachmittags auf seiner Pritsche weiterdösen.

Juli ist's, Zeit, den Garten zu genießen, Zeit, dem Garten denjenen Stellenwert zu geben, den er eigentlich hat: jenen der Bühne für ein schönes Leben. (Gregor Fauma, Rondo, 3.7.2015)