Pizza vom Holzofen, die nächste – diesmal im neuen La Mia auf der Lerchenfelder Straße.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es gibt exzellente Burrata, deren seidig kühle Frische allerdings von einem Pesto konterkariert wird, das offenbar schon länger im Kühlschrank reifen musste.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Seit 15 Jahren betreibt Christian Gansterer in der Wiener Neustiftgasse Kristians Monastiri, ein austromediterranes Restaurant, in dem schon Mario Bernatovic eine seiner ersten Stationen als Koch hatte. Das Gebäude erstreckt sich über ein Durchhaus bis zur Lerchenfelder Straße. Jetzt hat Gansterer auch das Restaurant auf dieser Seite übernommen. Was zuvor unter Impressione, dann Passione gelaufen war, heißt nun La Mia. Vorn sitzt man auf Hochstühlen und kann dem Pizzaschleuderer zusehen, weiter hinten öffnet sich ein langgestreckter Speisesaal mit Fenstern zum Durchhaus, wo es – wie auch im Monastiri – einen kühlen Gastgarten gibt.

Also noch eine Pizzeria mit Holzofen. Gansterer hat freilich versucht, mit einem eigens konstruierten Ofen noch ein Stück weiter zu gehen: Neben Pizza gibt es auch andere Feinheiten. "Direkt vom Holzkohlengrill" , so die Online-Speisekarte, werden Steak und Branzino, Calamari und Garnelen zu Tisch gebracht. An der Vorderseite des Ofens, bei der Schank, werden Pizzen eingeschossen, hinten, in der Küche, kann der Küchenchef dank eines Extraofentürls grillen. Funktioniert halt nur theoretisch: Bei der Bestellung erfährt man, dass die diesbezüglichen Versprechen des Ofensetzers der Praxis nicht standhalten.

Beliebige Küche

Zwar verfügen die Pizzen mit klassisch elastischem Teig und knusprig angekokeltem Cornicione über das charakteristische Raucharoma des Holzofens, Calamari aber werden konventionell gebraten serviert: Die Temperatur im Inneren des Pizzaofens sinkt laut Gansterer noch zu dramatisch ab, wenn auf der Küchenseite ebenfalls damit gekocht wird. Entweder Pizza oder Grill – Gansterer hat sich in der Not für Pizza entschieden und hofft, das Problem mit einem Umbau lösen zu können.

Das trübt die Freude an dem neuen Lokal einstweilen: Ohne diese USP wirkt die Küche vergleichsweise beliebig. Sicher, es gibt exzellente Burrata, deren seidig kühle Frische allerdings von einem Pesto konterkariert wird, das offenbar schon länger im Kühlschrank reifen musste. Man will sich gar nicht vorstellen, welch fantastisches Team der milchtriefende Käsesack mit im Ofen geröstetem Gemüse (Artischocken? Frühlingszwiebeln? Heurige!) hätte abgeben können.

Derf's noch a Vino sein?

Es gibt sehr ordentlichen Oktopus mit Stangenzeller und geschmorten Tomaten. Den findet man auch auf der Pizza al Polipo von der Tageskarte wieder, da wird er allerdings gar dick draufgeschnitten. Vielleicht wäre es überlegenswert, ihn, ähnlich wie Rohschinken, erst nach dem Backen als kühles Carpaccio auf die Pizza zu legen.

Und die Pasta? Auswärts Pasta zu essen riecht in den meisten Fällen nach programmierter Niederlage, im La Mia aber macht sie derweil am meisten her: Gnocchi mit Dolce Latte etwa, die mit einer Handvoll knackigen Spinats und Walnüssen aufgezwirbelt werden, sehr gut. Spaghetti Vongole geraten zwar nicht ganz so bissfest, wie der Süditaliener sie gern hat, die Muscheln sind aber wunderbar fleischig, ihre Kochflüssigkeit mit den Aromen von geröstetem Knoblauch und Weißwein reichlich, sodass die Nudeln bis zur letzten Gabel in dem köstlichen Saft baden.

Fazit: Man isst ganz ordentlich im La Mia, das hartnäckige Italianisieren des durchwegs cisalpinen Personals ("Buon appetito" "Derf' s noch a Vino sein?") muss man halt ausblenden – so wie die falschen Erwartungen, die der Online-Auftritt weckt. (Severin Corti, Rondo, 3.7.2015)