Wien – Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat das von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) vorgelegte Verfassungsgesetz zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses am Mittwoch neuerlich vertagt. Ein wesentlicher Knackpunkt ist laut Parlamentskorrespondenz der von der Opposition geforderte Informationsbeauftragte.

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass sich Bürger künftig mit einem Informationsansuchen an die zuständige Behörde wenden können. Wird ihnen Auskunft verwehrt, können sie gegen eine Gebühr von 30 Euro einen Bescheid beantragen. Dieser offizielle Bescheid kann dann vor dem Verwaltungsgericht bekämpft werden.

Das grundsätzliche Ziel, das Prinzip der Amtsverschwiegenheit in ein Prinzip der Informationsfreiheit umzuwandeln, wurde von niemandem infrage gestellt. Grünen-Mandatar Albert Steinhauer forderte aber Bewegung vonseiten der Regierungsparteien beim Thema Informationsbeauftragter. Ostermayer hält jedoch eine neue "Sonderbehörde" weiter für kontraproduktiv.

Text bis Herbst

Basis für die Diskussion im Ausschuss bildete nicht nur das bereits seit längerem vorliegende Verfassungsgesetz, sondern auch ein erster Arbeitsentwurf für das Ausführungsgesetz, den das Bundeskanzleramt allen Fraktionen übermittelt hat. Dieser wurde auch an die Bundesländer geschickt – bis auf Burgenland und Salzburg lieferten sie auch bereits ihre Stellungnahmen ab. Laut Gerhard Hesse, Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, soll als nächstes wieder die Bund-Länder-Arbeitsgruppe einberufen werden. Bis Herbst könnte seiner Meinung nach ein akkordierter Text für das Ausführungsgesetz stehen.

Dass die Länder miteingebunden sind, begründete Hesse damit, dass die Regierung ein bundesweit einheitliches Ausführungsgesetz anstrebt und eine Bundesregelung plus neun Länderregelungen vermeiden will. Zudem dürfte ein Großteil der Bürgeranfragen bei Behörden der Länder landen. In den Stellungnahmen der Länder wurden unter anderem die vorgesehenen Fristen hinterfragt oder auf einen drohenden Mehraufwand für die Verwaltung hingewiesen. Tirol und Vorarlberg beharren Hesse zufolge außerdem auf die Beibehaltung der Öffnungsklausel. Er sieht aber keine unlösbaren Probleme.

Die Grünen pochten in der Diskussion auf die Einrichtung eines Informationsbeauftragten und kritisierten die geplante "30-Euro-Pönale" für anfragende Bürger. Weiteren Verhandlungsbedarf sehen auch FPÖ und Neos. Den von der Opposition geforderten Informationsbeauftragten sahen SPÖ und ÖVP kritisch. Als Stelle, die den Bürgern hilft, die zuständige Behörde zu finden, kann sich die ÖVP etwa die Volksanwaltschaft vorstellen.

Gemeinsam mit der Regierungsvorlage standen je ein Antrag der Neos und der Grünen für eine umfassende Informationsfreiheit zur Diskussion. Alle Verhandlungsgegenstände wurden einstimmig vertagt. (APA, 1.7.2015)