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Die Löcher sind auf diesem Archivbild vom 3. August 2014 deutlich zu erkennen.

Foto: REUTERS/European Space Agency

Am 13. August 2015 soll "Tschuri" seinen sonnennächsten Punkt erreichen. Diese Aufnahme vom 21. Juni zeigt zunehmende Materialauswürfe des Kometen.

Foto: ESA/Rosetta/NavCam/CC BY-SA IGO 3.0

Nahaufnahme von Seth_01, einem der riesigen Krater.

Foto: Vincent et al./Nature

Göttingen/Wien – Seit die Raumsonde Rosetta der Europäischen Weltraumorganisation Esa vergangenen August in eine Umlaufbahn um den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko – kurz: "Tschuri" – einschwenkte, trudeln die Nachrichten in immer höherer Frequenz ein. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass der Komet mit zunehmender Sonnennähe stetig aktiver und damit für die Forschung immer interessanter wird.

Schon auf frühen Aufnahmen des Rosetta-Kamerasystems Osiris waren mysteriöse Strukturen auf der Kometenoberfläche entdeckt worden: zylinderförmige, bis zu 200 Meter tiefe Löcher mit teils hunderten Metern Durchmesser. Experimente und Modellrechnungen sprechen allerdings dagegen, dass es sich dabei um Einschlagkrater handelt.

Explosive Auswürfe

Zunächst ging man deshalb davon aus, dass die gigantischen Löcher durch explosionsartige Materialausbrüche aus dem Kometeninneren entstanden sind. Als es schließlich gelang, ein solches Ausbruchereignis zu beobachten, zeigte sich allerdings, dass selbst ein großer, abrupter Materialausstoß nicht allein für Krater solcher Ausmaße verantwortlich sein kann.

Nun wollen Forscher um Jean-Baptiste Vincent vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung das Rätsel gelöst haben: Ihrer Ansicht nach handelt es sich bei den Strukturen um Spuren eines Vorgangs, den man aus irdischen Karstgebieten gut kennt und als Erdfall bezeichnet. Auf unserem Planeten entstehen solche Einstürze, wenn durch chemische und physikalische Verwitterungsvorgänge entstandene unterirdische Hohlräume den plötzlichen Kollaps der Oberfläche bewirken.

Entschwindendes Eis

Im Fall von "Tschuri" dürften Eisvorkommen im Kometeninneren eine zentrale Rolle spielen, wie die Wissenschafter in "Nature" darlegen: Lässt Hitze das Eis sublimieren (also gasförmig werden), entstehen Hohlräume, die die Oberfläche darüber so lange destabilisieren, bis es schließlich zum Einsturz kommt. Dieser gehe dann, wie beobachtet, mit explosiven Materialauswürfen einher, so Koautor Dennis Bodewits: "Die Ausbrüche sind also nicht Auslöser, sondern Konsequenz des Einsturzes."

Genauere Analysen der Größe und Verteilung der Löcher könnten demnach Anhaltspunkte für die unterschiedliche Beschaffenheit der verschiedenen Regionen "Tschuris" geben. Und eines ist sicher: Sämtliche Kometenaktivitäten werden auf dem Weg zur Sonne weiter zunehmen und der Esa neue Daten bescheren. (David Rennert, 2.7.2015)