Angelika Niedetzky hat beim Erüben ihrer Synchronarbeit an ihre Großmutter gedacht.

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Während Europas Institutionen grübeln, wie das nun wird – mit Tsipras und dem Referendum –, geht es in Kernhof um kaum weniger relevante Fragen. Worauf muss ein Stimmkünstler achten, sofern er ein Kamel synchronisiert? Die Seitenblicke, als Verehrer der Theaterkunst, begehren Antworten.

Hebert Haider muss nicht so lange nachdenken wie die
EU-Kommission über neue griechische Vorschläge. Dass er – als Kamelstimme in Niederösterreich – nicht tönen mag wie der Landeshauptmann, ist seine höfliche Geste. Ansonsten „achte man auf das Volumen, es funktioniert“, so der Virtuose.

Zur Demonstration gleitet er einen Atemzug lang von Schwarzeneggers Terminator-Tonfall zum noch tiefer gelegenen Timbre, mit dem Haider ein Kamel akustisch bei dessen Darstellungskunst zu begleiten pflegt. Und dies also in Kernhof: Ebendort ist ein Paarhufertheater beheimatet, das nun nach elf Jahren, nach stolzen 1300 Vorstellungen, das Stück Die Hochzeit des Sultans durch Ich bin ein Star ersetzt hat. Die Seitenblicke dokumentieren da fast einen Epochenwechsel, wie ihn ein Grexit darstellen würde. Und siehe da: Die Tierchen sind elegant, treten Fußbälle, kauen (trotz Premierenerregung) gemütlich vor sich hin, während eine Menschenstimme ihr Innerstes erhellt.

Auch die von Angelika Niedetzky, welche gesteht, beim Erüben ihrer Synchronarbeit „an meine Großmutter gedacht zu haben“. Beruhigend ist in solch bewegten Polittagen jedenfalls ein unerschütterliches Kamellächeln; es zahlt sich aus, dass sich die Seitenblicke der Kultur annehmen. Sie suchen zwar den Kompromiss zwischen Tiefgang und Breitenwirksamkeit. Aber Kompromisse braucht Europa gegenwärtig. (Ljubiša Tošić, 1.7.2015)