Wien – Der weiße Altbau gegenüber der historischen Markthalle am Wiener Alsergrund reiht sich unscheinbar in die Nußdorfer Straße ein. Seine Bewohner wechseln ständig und bleiben nicht auf Dauer. Vor 25 Jahren wurde an der Ecke zur Sechsschimmelgasse ein Integrationshaus für Flüchtlinge eröffnet. Vor knapp zwei Jahren wurde es zu einer Außenstelle des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen umgewandelt und in die Hände des Bundes übergeben.

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Im Juli soll das Haus, das aktuell Raum für 170 männliche Flüchtlinge bietet, sukzessive zu einem Asylverteilerzentrum umgewandelt werden. "Wir haben im September vergangenen Jahres ein Konzept zur Dezentralisierung der Verteilerzentren bekommen", erzählt Peter Hacker, Vorsitzender des Fonds Soziales Wien. "Wir warten seither auf die Realisierung."

Bei einer Hausbegehung mit dem Innenministerium wurde der Umbau des Gebäudes besprochen. "In Zukunft werden hier auch Frauen und Familien wohnen", sagt Hacker. Die unterschiedlichen Personen bräuchten abgetrennte Bereiche und Sanitäranlagen.

Neue "Gesundheitsstraße"

Zudem brauche es ein Konzept für die "Gesundheitsstraße". Zum Schutz der Betroffenen, der Menschen, die im Haus arbeiten, und der gesamten Bevölkerung müssen Flüchtlinge auf "meldungspflichtige Krankheiten" untersucht werden und, wenn nötig, eine entsprechende Behandlung bekommen. Dafür brauche es einen Plan vom Innenministerium, der bis dato zumindest nicht kommuniziert wurde.

Foto: Maria Von Usslar

"Ich finde es wichtig, dass Asylwerber inmitten einer funktionierenden Infrastruktur wohnen können", sagt Anrainerin Anna S.. "Es gehört dazu, dass Menschen, die viele Mühen durchlaufen haben, in einen sicheren Hafen ankommen können." Die Jusstudentin meint, dass die Grätzelbewohner und Flüchtlinge gut zusammenleben: "Man sollte mehr aufeinander zugehen."

Das wünscht sich auch die Bezirksvertretung: "Früher bestand sehr viel Kontakt zwischen den Bewohnern und den Alsergrundern", sagt Bezirksvorsteherin Martina Malyar (SPÖ). "Wir haben Sozialprojekte organisiert und gemeinsame Feste veranstaltet. Das ist leider nicht mehr so." Die Bewohner des Hauses würden seit der Umwandlung des Hauses "abgeschottet werden", sagt Malyar.

Eine Straße mit zwei Zentren

Ein Stück weiter stadtauswärts liegt in der Nußdorfer Straße eine weitaus umstrittenere Einrichtung. Das Drogenzentrum "Change" wurde im vergangenen November unter Protest einiger Anrainer und einer neuen Bürgerinitiative eröffnet. An den Fenstern der gegenüberliegenden Wohnhäuser hängen Schilder mit der Aufschrift "Nein". Das "i" durch eine Spritze ersetzt.

Foto: Maria Von Usslar

Die Aufregung über die Beratungsstelle versteht Helmut G. nicht. "Die Leute brauchen Hilfe, wo sollen sie sonst hin", sagt er. Sein Arbeitsplatz liegt zwischen den beiden Zentren. Die Menschheit sei "prädestiniert dazu, Angst zu haben". Dabei hätte er noch nie Probleme mitbekommen.

"Jede Art von Hilfe finde ich gut", sagt auch Monika T.: "Ich war schon sehr überrascht, dass so viele gegen das Drogenzentrum waren." Die Alsergrunderin hatte direkt neben dem Zentrum gewohnt, bevor sie an die Lände zog: "Die Menschen im Neunten sind eigentlich sehr aufgeschlossene Menschen."

Foto: Maria Von Usslar

Die Qualität des Bezirks sei, dass er so unterschiedlich sei, sagt Anna S., die schon sehr lange in der Nähe der Nußdorfer Straße wohnt. Im "schickeren" Servitenviertel würden viele Familien mit Kindern leben; je näher man zum Gürtel spaziere, desto durchmischter würde es aber. "In meinem Wohnhaus leben Menschen mit ganz verschiedenen Nationalitäten und unterschiedlichem Alter, vom Akademiker bis zum Arbeiter", erzählt sie. "So gehört sich das Leben doch." (Oona Kroisleitner, 3.7.2015)