Washington – Eines der wichtigsten Dokumente der letzten Kriegstage in Deutschland soll jetzt in den USA versteigert werden. Das Auktionshaus Alexander Historical Auctions will in der nächsten Woche das legendäre Göring-Telegramm verkaufen, das zum Bruch zwischen Adolf Hitler und seinem langjährigem Vertrauten Hermann Göring geführt hatte.

Nach Angaben von Alexander handelt es sich um die Kopie von Martin Bormann. An der Echtheit bestehe kein Zweifel. Erhofft werden umgerechnet 18.000 Euro.

Das Schreiben

Hitler hatte Göring, das Fliegerass aus dem Ersten Weltkrieg, lange Zeit als seinen Stellvertreter angesehen und das auch mit Erlassen geregelt. Als Göring in Bayern hörte, dass der in Berlin eingeschlossene Hitler ihm endgültig die Macht übertragen wollte, telegrafierte er ihm am 23. April 1945.

In dem kurzen Schreiben fragte er, ob er die Kontrolle über Deutschland übernehmen könne. "Falls bis 2200 Uhr keine Antwort erfolgt, nehme ich an, dass Sie Ihrer Handlungsfreiheit beraubt sind". Er werde dann "selbstständig zum Wohle von Volk und Vaterland handeln", gezeichnet mit "Ihr getreuer Hermann Göring".

Intrigen der letzten Tage

In Berlin nutzten Bormann und Reichspropagandaminister Joseph Goebbels das Telegramm jedoch, um Hitler einen Putsch Görings einzureden. Tatsächlich war Hitler empört und beschuldigte Göring des Landesverrats, die SS setzte ihn in Bayern fest. Hitler setzte Goebbels und Marinechef Karl Dönitz als seine Nachfolger ein.

Er erschoss sich am 30. April, einen Tag später nahm sich auch Goebbels das Leben. Dönitz blieb noch bis 23. Mai Staatsoberhaupt eines praktisch nicht mehr existierenden deutschen Reiches. Göring vergiftete sich 1946 in Nürnberg, einen Tag, bevor das Todesurteil des internationalen Tribunals vollstreckt werden sollte.

Mitgenommen in die USA

Das Telegramm ist trotz eines Risses in sehr gutem Zustand, alles ist klar zu lesen – selbst der rote "Geheim!"-Stempel. Ein amerikanischer Hauptmann hatte es 1945 als Souvenir aus dem Bunker in Berlin mitgenommen, sein Sohn schenkte es später seinem Geschichtsprofessor. Der, fließend Deutsch sprechend, hatte eine kurze Expertise erstellt. Darin heißt es auch, das Telegramm könne "Hunderte Dollar" wert sein. (APA, 2. 7. 2015)