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Mann und Weib: Marcello de Nardo und Katharina Straßer

Foto: APA/Robert Jäger

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Erfolgreich bezirzt: Grenzjäger (Bernhard Schir) und Weibsteufel (Katharina Straßer).

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Reichenau an der Rax – Der "Mann" in Karl Schönherrs Der Weibsteufel ist der ärmste Schlaufuchs in Tirol und Umgebung. Er besitzt ein schönes "Weib". Ausgiebige Schmuggeltouren haben ihn reich gemacht. Er hat, zum Zwecke des Immobilienerwerbs, bereits ein Auge auf das schönste Haus im Ort geworfen.

Sein Atem zischt im Neuen Spielraum des Theaters Reichenau wie ein Dampfventil. Die Zöllner sind dem Schlaufuchs bereits auf den Fersen. Unser "Mann" (Marcello de Nardo) steht im Begriff, die natürliche Ordnung der Dinge auf den Kopf zu stellen. Er ist rachitisch und bekommt zu jeder falschen Gelegenheit kalte Füße.

Er kann alle Bauern und Behörden übertölpeln. Nur den wichtigsten Gipfelsturm kann er nicht leisten: "sein Weib bezwingen" – so oder so ähnlich im wunderbaren Kunsttirolerisch des Karl Schönherr (1867-1943), eines Zeitgenossen von Arthur Schnitzler.

Erotik-Kraftpaket ...

Macht nichts, man muss schließlich nicht alles können. Doch kaum stellt "das Weib" (Katharina Straßer) die Weingläser auf den Tisch, ist es vorbei mit des Mannes schlauer Herrlichkeit. Er verträgt nichts: kein kühles Wasser, keinen Eheflirt, vor allem keinen Sex. Filzpantoffeln muss er haben, damit er denken kann.

Straßer aber gibt in Bernhard Schirs geradezu heilig-nüchterner Schönherr-Inszenierung das erotische Kraftpaket. Den neckischen Flitterkram aus der Schmuggeltasche des Gatten hält sie sich an wie ein Kettenhemd. Ihr Pech: Sie kann es auf dem Schlachtfeld des Ehebettes absehbar nicht gebrauchen.

Straßer schmückt ihre hochalpine Penthesilea mit Anwandlungen einer genussvollen Durchtriebenheit. Als sie den "Grenzjäger" (Schir) bezirzen soll, um ihn von der Hehlerware abzulenken, bleibt sie undurchdringlich. Der plumpe Jäger brummt und dampft. Betrug ist Arbeit. Erotik ist Arbeit. Nur wer arbeitet, wird auch erlöst.

... tanzt auf Nasen herum

Und so tanzt die Straßer ganz wunderbar auf allen Nasen herum, ohne doch einen Zweifel daran zu lassen, dass sie die Göttin ist, der die ein wenig gedankenschwachen Kerle (die Hormone!) zu huldigen haben. Auf den blitzblank sauberen Dielenbrettern des vieleckigen Holzpodests (Bühnenbild: Peter Loidolt) werden Menschen gezeigt, die aus ihrer Haut halt auch nicht herauskönnen. "Das Weib" besitzt den entscheidenden Vorteil: "Es" will auch gar nicht.

Am Schluss sind die Herren der Schöpfung aufeinander losgehetzt, mit dem verschwiegenen Sex auf der Küchenbank hat es nun ein Ende. Man bringt einander im Affekt, wie es so schön heißt, um. Die Frau trägt als glückliche Witwe den Mehrwert davon: das Haus im Dorf.

Gespielt wurde zum Auftakt der Reichenauer Festspielsaison einigermaßen prächtig, in Sachen Regie wird sich in den kommenden Tagen bestimmt noch mehr tun. (Ronald Pohl, 5.7.2015)