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Blümel, Mitterlehner, Kurz: Fordern den Koalitionspartner SPÖ mit einem alten Reizthema neu heraus.
Wien – Nach den Zerwürfnissen in der Koalition, aber auch mit den eigenen Landeshauptleuten rund um den Asylgipfel und die Bildungsreformkommission war die ÖVP am Montag nach ihrer ersten Vorstandssitzung mit abgeschlankter Besetzung um Geschlossenheit bemüht. "Die Regierung hat da und dort Schwierigkeiten", gab ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner klipp und klar zu. Nicht zuletzt wegen der anstehenden Landtagswahlen in Wien und Oberösterreich kündigte er für die kommenden Monate aber an, mit neuen Strategien das schwarze Profil zu schärfen – und, gesagt, getan, goss sein Generalsekretär Gernot Blümel gleich bei einem altbekannten Reizthema mit der SPÖ neues Öl ins Feuer.
Neues Reizthema für Rot
Im Zuge des sogenannten "Evolutionsprozesses", wie die bürgerliche Erneuerungsbewegung genannt wird, fragt die ÖVP nun ihre Mitglieder, die sich beim letzten Parteitag im Frühjahr mehr Partizipation gewünscht haben, regelmäßig via App zu diversen Themen ab. Die Premiere erfolgte mit dem Hinterfragen der Mindestsicherung, konkret ob nach dem eingeleiteten härteren Kampf gegen Steuerbetrüger nun auch "strengere Regeln und Kontrolle" dieser Sozialleistung angebracht wären. Die nicht wirklich überraschende Antwort: Unter insgesamt 1.475 Votings stimmten 88,7 Prozent mit "Ja".
Präzise Darstellungen demnächst
Vage blieb die Parteispitze allerdings in der Frage, was sie aus diesem Ergebnis ableitet. ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner: "Es geht nicht darum, jemandem, der das braucht, etwas wegzunehmen." Aber man solle schon darstellen, wer etwas nicht brauche, und das werde man "sehr fein" machen.
"Keine soziale Hängematte"
Die erneute ÖVP-Kritik an der Mindestsicherung blieb nicht lange unwidersprochen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) teilte dem Koalitionspartner am Abend mit, sie müsse sich "nicht sorgen", dass diese es Tausenden ermögliche, "in der sozialen Hängematte zu liegen", heißt es in einer Aussendung. Immerhin werde kaum eine andere öffentliche Transferleistung so genau kontrolliert. Rund ein Drittel aller Erstanträge werde abgelehnt.
Neue Kooperationsbereitschaft der Landeshauptleute
Ebenfalls Thema bei der Vorstandssitzung was die derzeit wohl brennendste Frage, nämlich die Unterbringung von Flüchtlingen. Dazu will Mitterlehner im Vorstand nun "eine starke Kooperationsbereitschaft der Länder" festgestellt haben. Prioritär sei es nun auch für die ÖVP-geführten Länder, die zugesagten 6.500 Plätze bis Ende Juli aufzutreiben. Dazu hielt Mitterlehner fest, dass bisher nur das rote Wien und das schwarze Niederösterreich ihre Quoten erfüllt haben – kein Wort davon, dass Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) unlängst wutentbrannt den Asylgipfel verlassen hat und dass Niederösterreich ohne das rote Traiskirchen, das die Hauptlast an Flüchtlingen trägt, nicht einmal auf 70 Prozent der anvisierten Quote käme.
Kurz leitet Akademie
Trotz alledem will sich die ÖVP ein moderneres Image verpassen – und dazu hat sie ihren Thinktank, die Politische Akademie, neu besetzt: Der neue Vorstand besteht aus Außenminister Sebastian Kurz, der EU-Abgeordneten Elisabeth Köstinger, der niederösterreichischen Landtagsabgeordneten Bettina Rausch sowie Staatssekretär Harald Mahrer. Der ÖVP-Obmann selbst will Österreich ein "Fitnessprogramm" verpassen: Dabei geht es um Impulse für die Wirtschaft, den Bereich Wissensgesellschaft und – siehe oben – "eine bürgerliche Sozialpolitik". (Nina Weißensteiner, red, 6.7.2015)