Wien – In einer Liste der auffälligsten Outfits von Fernsehmördern wäre der erste Killer aus Those Who Kill garantiert vertreten: Der Serienmörder in der Auftaktfolge Gekreuzte Arme trägt einen weißen Schutzanzug und grüne Gummihandschuhe. Wenn er spricht, ist Atem an der Plexiglasscheibe der Gesichtsmaske sichtbar.

Kutlivierter Serienmörder

Der Täter ist von gepflegter Erscheinung, verfügt über feine Gesichtszüge und gutes Benehmen, trägt das Haar streng nach hinten gebürstet und spricht lächelnd unheilvolle Sätze: „Das hier ist keine traurige Geschichte. Sie hat ein glückliches Ende.“ Und: „Angst entsteht nur dadurch, dass man nicht weiß, was als nächstes kommt.“ Fehlen nur „Favabohnen“ und ein „ausgezeichnetes Glas Chianti“.

25 Minuten brauchen Detective Catherine Jensen und der Profiler Thomas Schäfer, bis sie den Killer aufgespürt haben. Doch wie das Drehbuch will, läuft etwas gründlich schief, und statt dem Killer stehen die Ermittler plötzlich eigenen Abgründen gegenüber.

Mit Dämonen kämpfen

Zehn Folgen geht das Krimiduo Jensen/Schäfer in Those Who Kill, ab heute, Dienstag im Abokanal Sat.1 Emotions im Angebot von Sky auf Serienkillerjagd. Darüber hinaus haben sie mit eigenen Dämonen zu kämpfen. Jensen, die als Kind in ihrer Familie selbst Erfahrung mit Missbrauch und Gewalt machen musste. Schäfer, weil er sich zu sehr einlässt und dabei vor die Hunde zu gehen droht.

Those Who Kill ist ein weiteres Produkt einer adaptierfreudigen TV-Industrie. 2011 ermittelten Katrine Ries Jensen (Laura Bach) und Thomas Schaeffer (Jakob Cedergren) in der deutsch-dänischen Serie Nordlicht – Mörder ohne Reue. 2014 übernahm A&E das Format, besetzte es mit Chloë Sevigny (Kids, Big Love) und James D’Arcy (Marvel’s Agent Carter) neu und fügte dem Genre Nordic Noir ein weiteres Kapitel hinzu.

"Humans" mit William Hurt

Die Praktik brachte bereits bei The Killing (Kommissarin Lund) und The Bridge (Die Brücke) vorzügliche Ergebnisse und verweist auf den anhaltend hohen Kurs skandinavischen Fernsehens am internationalen Programmmarkt.

Der Kurs wird beibehalten, wie jüngste Beispiele zeigen: Der US-Sender AMC adaptierte etwa die schwedische Science-Fiction-Serie Humans mit William Hurt.

"Humans", derzeit im US-TV.
Channel 4

Maximaler Verwertung darf sich So finster die Nacht (Let the Right One In) rühmen: Der Kinofilm basiert auf dem Roman von John Ajvide Lindqvist und wurde 2008 verfilmt. Zwei Jahre später gab es das US-Kinoremake Let Me In. Jetzt plant A&E die Serie.

Die Kinoversion "Let the Right One In".
Magnolia Pictures & Magnet Releasing

Nordischer Chic

Der Einfluss des Nordens auf die amerikanische Serienkultur ist gleichfalls nicht zu unterschätzen. Stoffe wie True Detective und Fargo können als gewichtige Nebenprodukte der nordischen Qualitätsproduktion interpretiert werden. Dessen Absturz ist nicht in Sicht: Bereitschaft zu Innovation, sorgfältige Figurenentwicklung, vielschichtige Handlungsstränge sind weiterhin gefragt – nicht nur bei Krimistoffen:

Wie die Alliierten im Zweiten Weltkrieg die Pläne Hitler-Deutschlands zur Entwicklung der Atombombe verhinderten, zeigt The Saboteurs in sechs Folgen. Norwegens öffentlich-rechtlicher Rundfunksender NRK schaffte 1,7 Millionen Zuschauer, die höchste Quote einer Dramaserie der letzten 15 Jahren.

Historiendrama "The Saboteurs".
Channel 4

1864 ist mit 23 Millionen Euro die teuerste je in Dänemark gedrehte Fernsehserie. In acht Folgen wurde der deutsch-dänische Krieg in Szene gesetzt.

Dänisches Historiendrama "1864".
DR (Danmarks Radio)


Serienhits "Die Erbschaft", "Cordon", "Jordskott"

In Die Erbschaft (Arvingerne) kämpfen Geschwister mit dunklen Familiengeheimnissen, darunter Trine Dyrholm (Das Fest).

Intrigen in Serie: "Die Erbschaft".
Nordic Noir & Beyond

Aus Belgien kommt Cordon: Ein Virus bedroht die Bevölkerung Antwerpens, mit dabei ist Veerle Baetens, heimischem Publikum als belgische Ermittlerin in The Team bekannt.

Virus bedroht Antwerpen in "Cordon".
Kenneth Peeters

Vermisste Kinder werden in der Mysteryserie Jordskott gesucht. Eine Ermittlerin steht vor einer grausamen Entscheidung: Um ein Kind zu retten, setzt sie ihr eigenes Leben aufs Spiel. Mit Adaptionen amerikanischer Fernsehstationen ist bei allen zu rechnen.

Mysteryserie "Jordskott".
SVT

Bei Those Who Kill ging der Plan, allerdings nicht auf. Zu sehr sind Fälle und Auflösung mit Effekten und Posen überladen. Der eiskalte Charme Sevignys strahlt selten, etwa wenn sie ihrer Nichte Praxistipps für den Umgang mit lästigen Schulkollegen gibt: „Du musst böser sein als sie.“ Die erste Staffel ist die letzte. Nicht immer ist die Serienkopie gut wie das Original. (Doris Priesching, 7.7.2015)