Washington/Wien – Nach mehr als neuneinhalb Jahren Vorbereitung und kurz vor dem Höhepunkt der Mission herrschte am Wochenende kurzzeitig Bangen in der Bodenstation. 81 Minuten lang war der Kontakt zur fast 4,8 Milliarden Kilometer entfernten Sonde New Horizons abgebrochen, die in einer Woche den Zwergplaneten Pluto erreichen soll.
Wenig später kam dann das große Aufatmen: Der Autopilot hatte für die Funkstille gesorgt, indem er die Sonde in den Sicherheitsmodus schickte. Wie es dazu kommen konnte, hat inzwischen ein NASA-Krisenteam herausgefunden: Offenbar lag ein sogenannter Timing-Fehler in einer Befehls-sequenz vor, die während der Vorbereitung auf den Vorbeiflug ausgegeben wurde. Man sei nun zuversichtlich, dass dieses Problem nicht mehr auftreten werde.
Erste Bilder der Oberfläche
In den nächsten sieben Tagen sollte das auch tunlichst vermieden werden, denn eigentlich soll New Horizons am 14. Juli im Abstand von rund 10.000 Kilometern den Zwergplaneten sowie seine Trabanten passieren und detaillierte Bilder zur Erde funken. Es wäre das erste Mal, dass Menschen einen detaillierten Blick auf die Pluto-Oberfläche werfen.
Bereits erste Pluto-Bilder der Sonde, die mit 49.600 Kilometern pro Stunde auf Pluto zurast, geben den NASA-Forschern Rätsel auf. Die Kamera von New Horizons nahm entlang des Pluto-Äquators eine Reihe mysteriöser dunkler Flecken auf – alle mit einem Durchmesser von rund 480 Kilometern und gleichmäßig in der Region verteilt. Solche Flecken haben Astronomen noch nie beobachtet. "Das ist wirklich ein Rätsel", sagt Alan Stern vom Southwest Research Institute in Boulder, der wissenschaftliche Leiter der Mission.
Herabgestuftes Objekt
Der 1930 entdeckte Pluto ist etwa um ein Drittel kleiner als unser Mond und war jahrzehntelang als kleinster und sonnenfernster der ursprünglich neun Planeten unseres Sonnensystems eingestuft worden. 2006 wurde Pluto jedoch zum Zwergplaneten herabgestuft, der immerhin mindestens fünf Monde hat. Einer davon ist Charon, der laut den jüngsten Bildern von New Horizons dunkler und grauer ist als Pluto. Auch darauf können sich die Forscher noch keinen Reim machen.
Der Anflug der Sonde auf Pluto mit seinem großen Mond Charon und vier weiteren kleinen Satelliten gilt als nicht ungefährlich: Im Vorfeld suchten die Wissenschafter intensiv nach möglichen Staubwolken im kaum erforschten Pluto-System, die der Sonde zum Verhängnis werden könnten. Denn bei deren Tempo könnte bereits ein Zusammenstoß mit einem winzigen Objekt schwere Schäden an der Sonde anrichten, die so groß wie ein Klavier ist.
Objekte im Kuiper-Gürtel
Pluto zieht seine Bahn um die Sonne im sogenannten Kuiper-Gürtel. Diese Region birgt Überbleibsel aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems vor mehr als viereinhalb Milliarden Jahren – dort gibt es Kometen und die Bausteine für kleine Planeten. Nach dem Pluto-System soll New Horizons mit ihren sieben wissenschaftlichen Instrumenten noch weitere Objekte im eisigen Kuiper-Gürtel erforschen.
Alan Stern ist sich jedenfalls schon jetzt sicher, dass die New-Horizons-Mission "beispiellose wissenschaftliche Folgen" haben werde – Erfolge, die am ehesten vergleichbar seien mit denjenigen der Voyager-Raumschiffe, die in den 1980er-Jahren völlig neue Erkenntnisse über Jupiter und Saturn gewinnen konnten. (tasch, dpa)