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Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis fuhr vor dem Amtssitz von Premier Alexis Tsipras häufig mit dem Motorrad vor. Am Montag gab er seinen Rücktritt bekannt.

Foto: EPA / PANTELIS SAITAS

Er will jetzt nur Konsens, der andere Vergeltung. Noch in der Nacht des Referendums trennten sich die Wege von Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis. Der griechische Premierminister machte am frühen Montagmorgen kurzen Prozess und forderte seinen gleichermaßen gefeierten wie umstrittenen Finanzminister auf, den Sessel zu räumen. Varoufakis trat zurück und gab auch gleich sein Abgeordnetenmandat auf.

"Soll er doch Bücher schreiben! Er ist kein Politiker, er will sich nur immer zeigen", hatte eine ältere Griechin noch am Sonntag nach der Stimmabgabe beim Referendum mit Überdruss bemerkt. Eben so wird es wohl kommen. Varoufakis, der selbsterklärte Marxist und Motorrad fahrende Minister, hat nun Muße für das eine oder andere Buch über seine fünf Monate mit den anderen Finanzministern der Eurogruppe.

Man habe ihm zu verstehen gegeben, dass einige Teilnehmer der Eurogruppe und andere "Partner" bei den Kreditverhandlungen seine Abwesenheit bei ihren Treffen vorzögen, notierte Varoufakis am Montagmorgen in seinem Blog. Er werde den Hass von Griechenlands Gläubigern mit Stolz tragen, fügte der Wirtschaftsprofessor hinzu. Als Nachfolger wurde am Abend der bisherige Chefverhandler mit den Gläubigern, Vizeaußenminister Euklid Tsakalotos, angelobt. Mit 61,3 Prozent hatten die Griechen am Sonntag unerwartet deutlich ein Kreditabkommen abgelehnt, das EU, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds angeboten hatten.

Eigene Siegesrede

Varoufakis ging am Abend noch vor Tsipras vor die Kameras und hielt seine eigene Siegesrede. Dabei griff er die Gläubiger an, die von Beginn an die Griechen "erniedrigen" wollten. Tsipras dagegen schlug später in seiner Ansprache an die Nation einen anderen Ton an: Er kündigte die Wiederaufnahme von Verhandlungen noch für den folgenden Tag an.

Varoufakis war es auch, der von einer "Parallelwährung" gesprochen und bei der BBC über eine geplante Bankenschließung und Kapitalkontrollen geplaudert hatte, bevor sie der Regierungschef dann später am 28. Juni tatsächlich bekanntgab.

Börse und Banken bleiben auch "für einige Tage" weiter geschlossen, wie es am Montagnachmittag aus griechischen Finanzkreisen hieß. An den ursprünglich für Dienstag festgesetzten Öffnungstermin glaubte ohnehin niemand. In Athen war es schwierig, noch Bargeld an den Automaten zu finden. Lange Schlangen mit 30 und mehr Personen standen vor Banken, die noch mit Euroscheinen versorgt waren.

50 Euro statt der offiziell festgelegten 60 Euro sind in der Praxis nun das Limit für griechische Bankkunden; denn 20- oder Zehn-Euro-Banknoten gibt es kaum noch. Ohne neue Hilfe der EZB in Frankfurt dürfte der Bargeldbestand der Banken am Dienstag erschöpft sein.

Bohnen und Stangerln

Auch in den Supermärkten machte sich die Bankenkrise bemerkbar. Vor allem Grundnahrungsmittel wie Reis, Mehl und Bohnen wurden wieder in großen Mengen gekauft. Regale mit Keksen und griechischem Stangerlgebäck waren weitgehend leer. Kunden schleppten große Fünf-Liter-Kanister mit Olivenöl zur Kasse. Dort wird weiter eher mit Bargeld als mit Kreditkarte bezahlt. Eine Kulturfrage, heißt es zur Erklärung; ältere Griechen mit kleinen Pensionen besitzen aber auch oft gar keine Karte.

Die griechische Regierung bereitete sich derweil auf die neuen Verhandlungen mit der EU vor. Tsipras ist dieses Mal um politische Geschlossenheit gegenüber den Kreditgebern bemüht. Sieben Stunden dauerte am Ende eine Sitzung des Regierungschefs mit den Führern aller im Parlament vertretenen Parteien bei Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos; nur die Faschisten der Goldenen Morgenröte lehnten eine Teilnahme ab.

Unklar ist, welche Vorschläge Tsipras seinen neuen Finanzminister beim Treffen der Eurogruppe am Dienstag vorlegen lässt. "Wenn die EU klug ist, dann bietet sie ein drittes Kreditabkommen an, zusammen mit der Zusicherung, dass anschließend über eine Umstrukturierung der Schulden, ähnlich wie im Jahr 2012, verhandelt wird", sagte Panos Tsakloglou, ein Athener Wirtschaftsprofessor und Chefberater im Finanzministerium der konservativ geführten Vorgängerregierung. Auch an diesem Punkt waren die Verhandlungen am 25. Juni gescheitert. (Markus Bernath, 6.7.2015)